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Jin Gua Gong Cha aus den späten 90er Jahren


geroha

Empfohlene Beiträge

Moin zusammen!



Wenn in diesem Beitrag ein paar "m" fehlen mögen, liegt das entweder an einer neuen Macke meiner Tastatur, oder daran dass ich vor lauter schwärmerischen "mmmh" den Buchstaben schon aufgebraucht habe.



Es geht bei diesem Tee um meinen ersten Sheng, der in Melonenform gepresst ist und meine erste Bestellung von Chawangshop.



Kurzfassung:


Guter und typischer Vertreter alter Sheng, die weder zu feucht noch zu trocken gelagert wurden. Reichlich Kampfer/Minz-Frische aber schon nach 10 Aufgüssen erschöpft. Trotzdem super Preis/Leistungs-Verhältnis.



Langfassung:


(noch viel länger ist die englische Fassung auf no ObjectiviTEA, wenn Ihr mir die Eigenwerbung nachsehen mögt)



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Die dunkelbraunen Blätter mit ein paar kupfergoldenen Knospen sind sehr fest gepresst - dazwischen auch ein paar wenige zarte Stängel, worauf ich bei der Tribut-Tee-Qualität (Gong Cha) gar nicht zu hoffen wagte. Der Duft der trockenen Blätter ist genau das, was ich von altem Sheng erwarte: antiker Apothekerschrank, wo der alte chinesische Kräuterhändler seine Kampfer-Vorräte drin aufbewahrt hat.


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In der Tasse zeigt sich der Tee seine Alter entsprechend bräunlich - aber eigentlich würde man eine dunklere Farbe als auf dem Foto erwarten. Das liegt daran, dass ich den Tee inzwischen recht dünn dosiere. Beim ersten Versuch hatte ich ca. 5g auf 100ml - da hat der Tee mir fast die Schuhe ausgezogen. Nicht nur der Geschmack war intensiv, sondern auch das Kribbeln im Körper und das Gefühl, dass ich besser nicht Auto fahren sollte mit diesem dämlichen Dauergrinsen, welches mir der Teerausch verpasste.


Okay, inzwischen dosiere ich den Tee mit ca. 3g auf 100ml - will ich ja nicht zudröhnen. Auch in der milderen Dosierung kommen die Geschmackseindrücke deutlich raus - aber ganz unterschiedlich, ob ich mein Tonkännchen oder einen Porzellan-Gaiwan verwende.


Im Tonkännchen schmecke ich altes Leder und Spearmint / im Gaiwan sind es antikes Holz und Kampfer.



Was überhaupt nicht hervorkommt, sind Keller-Eindrücke. Die Jahre der feuchten Lagerung in Simao liegen lange genug zurück, dass keine Moder-Assoziationen aufkommen. Weder zu trocken (säuerlich-metallisch) noch zu feucht (Zombiekeller) gelagert - so mag ich alten Sheng!



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Nach dem Schlucken sind Leder oder Holz gleich verschwunden und der Mund wird völlig dominiert von der minzigen Kühle und Frische. Dieses Gefühl wandert langsam den Hals runter bis in meine entzündeten Bronchien ... und während ich dem Gefühl so nachgehe, macht sich langsam eine späte Süße in meinem Mund breit.



Der Tee ist lecker, hat richtig Power und ist unglaublich günstig (rund 57€ für 500g plus Versandkosten), hat aber auch einen Nachteil: wenn man nur 3g pro 100ml nimmt und die Blätter durch die unheimlich feste Pressung so beschädigt sind, halten die Blätter nicht so vielen Aufgüssen stand. Ungefähr 10 gute Aufgüsse bekomme ich den Blättern entlockt - das ist weniger als bei einer üblichen Sheng Session für mich. Aber hey - bei dem Preis kann man echt nicht meckern!



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Noch ein Kuriosum: Wenn man sich die gebrauchten Blätter ansieht, erkennt man zwei ganz unterschiedliche Arten von Rohtee (maocha), die in der Mischung gelandet sind. Da sind einerseits die typischen Blätter, welche in der Maochaherstellung zu länglichen Nadeln gedreht wurden ... aber zum Anderen sind da auch kugelig gedrehte Blätter, die deutlich dunkler sind und sich nicht ganz entfalten. Hoffentlich kann man das auf dem Foto richtig erkennen.



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Gestern habe ich dann mit diesen Blättern auch mal ausprobiert, den letzten Rest auszukochen: click:



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Nee, als die 25g-Tüte hier ankam, brauchteich nurmal dran zu schnuppern, da war mir klar, dass eine ganze Melone (Gua - nicht Bing) her musste. Die 25g-Tüte ist ein Weihnachtsgeschenk - die 500g Melone liegt hier, bleibt aber bis Ende März verpackt, dann macht meine Frau eine Schleife drum und schenkt mir die Melone zum Geburtstag.



Wenn die Preise für neue Puer sich so weiter entwickeln, wird es bald das günstigere Getränk sein, alten Sheng aus den 90ern zu trinken. Gewöhn Dich also besser schonmal dran!


;)


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missernten und neue Spekulationensblase treiben die Preise, bei unbekannten Marken nicht so schlimm. 2013 dayi bing kostet genausoviel wie mancher mid 2000

O_o

oh wow, das ist echt schonmal ne Ansage, krass.... (pardon, da ist mir meine vulgäre Jugendsprache rausgerutscht ;) )

also schnell noch mit den "jungen Dingern" eindecken :D

Chris, [wie du weißt fang' ich im Sheng-Bereich ja gerade erst an, mir fällt sowas natürlich noch nicht auf, aber du bist da ja eher der Experte] seit wann steigen die Preise denn so stark an? erst jetzt 2013/2014 oder geht das schon länger?

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missernten und neue Spekulationensblase treiben die Preise, bei unbekannten Marken nicht so schlimm. 2013 dayi bing kostet genausoviel wie mancher mid 2000

Nur um das selbst mal zu ordnen: anfang 2000 bis 2004/2005 war doch auch so ne Art Boom?!? Der ist dann über die Jahre wieder abgeflaut (wie das ja oft

mit solchen Trends ist) und dann letztes/dieses Jahr dann wieder gestiegen? 

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bei cnnp, xiaguan fällt der Spekulationsfaktor fast raus. außerhalb von Xbanna ist der Tee tendenziell günstiger. dayi ist eben in ganz Südostasien extrem beliebt. auf der FB dayi fanpage haben sie auch fakes aus 2013 gepostet, die fast nicht zu unterscheiden sind.

pupreise sind wie Aktienkurse. Ca. 2008 war da der letzte crash. seit dem steigts langsam wieder. 2008 war's dann aber wegen uberkapazitaten gecrasht. dieses mal scheint es eine echte verknappung zu sein. Klimadiagramne lügen ja nicht. weniger regen weniger maocha

Bearbeitet von chenshi-chinatee
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Die aktuelle Bubble hat die Spekulation von vor 10 Jahren schon in den Schatten gestellt. Wenn man im Blog von MarshalN aufmerksam liest (gerade in den Kommentaren) und bei TeaChat die Diskussionen verfolgt, erkennt man schnell, wie extrem der Markt von Spekulation getrieben ist.


Heute habe ich in einer Mail vom Chawangshop (wollte die Herren ja mal wissen lassen, dass ich mir einfach deren Foto für den Blog gemopst habe) zum Thema Teepreise diese Passage in der Antwortmail bekommen:



"Prices of old tea and prices of new tea in puerh, jump to sky very fast, so many teas we

sell now never can buy and sell again with the same price.

The price jumping is not like 10 or 30% but 100 or 200% very fast,,, Chinese sellers are crazy

and I am not sure what is the future price of good quality pu.

So please enjoy tea when is cheap and avaiable in western shops."

 

Natürlich lese ich da auch eine gewisse Werbebotschaft raus - aber nachdem ich ganz ähnliche Aussagen von mehreren Quellen habe, glaube ich den Händlern auch, wenn ich diese Begründung dafür lese, dass ein brandneuer Bing schonal 300€ oder mehr kostet.

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Eigentlich möchte ich an dieser Stelle nur Geros wirklich schönen Bericht loben.  :)


Freut mich sehr, dass Du so einen tollen Tee ergattern konntest.



Stresst euch doch nicht so sehr wegen den ganzen Pu-Preisen.  ;) Da draussen gibt´s so viel tollen, bezahlbaren Pu-Erh Tee!


Ich bin sicher, da wird´s auch in Zukunft immer Optionen geben, auch wenn ich diese, meine Aussage in keiner Weise begründen kann...!  ^_^ (Gesunder Optimismus.....  :ph34r: )


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Stimmt - es gibt zwar immer die Dörfer in Yunnan, die einem Hype zum Opfer fallen und wo die Preise jenseits aller Vernunft durch die Decke gehen ... und es gibt kleine Dörfer (wie Matai) die keiner beachtet und interessante Überraschungen bieten. Oder grundsolide Blends, die zwar aktuell nicht so angesagt sind wie Gushu nur aus dem Dorf XYZ ... aber über Jahrzehnte bestimmt haben, wie Puer wahrgenommen wird und jetzt 95% der hochverehrten Bing aus den 1980ern ausmachen.


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  • 2 Monate später...

Jing Gua Gong Cha, Melonentee,



um den es in diesem Faden eigentlich geht! Der gute Gero hat mich mit einer Probe bedacht, die ich auch sofort aufgegossen habe mit seiner ausdrücklichen Zustimmung! Die war nicht für das Teetreffen!


Interessanter Tee, der würde dem Tobias schmecken.


3,7 gr auf meinen kleinen Gaiwan (80 ml) waschen usw.


Farbe:  kräftig rot,


Duft: Leder, Maschinenoel, alte Garage - nach längerem Nachdenken bin ich draufgekommen. Ich war mal vor ewigen Zeiten in einer kleinen Fahrradreparaturwerkstatt im Loiregebiet. Genauso roch es da! Aber dazu kam noch die Sonne, die Baskenmütze des Besitzers und die kalte Gitanes mais auf seinen Lippen und der süße Pastisgeruch, das Lieblingsgetränk des Monteurs. Ein chinesischer Tee, der so riecht wie ein  Sommertag in der französischen Provinz.


Kampfer habe ich auch gerochen, aber keinen Arzneimittelschrank - wahrscheinlich hatten der Gero und ich andere Arzneischränke?


Der Geschmack: kräftig frisch süß, starkes Prickeln im ganzen Mund und anschließendes Durchströmen des Körpers, ein Tee der einem Luft unter die Flügel gibt! Später kam noch Eichenholz, kampfer, Kerne, aber auch Himbeere zum Vorschein. Deren Süße blieb ganz lange im Mund nach dem der Tee seinen Geist schon aufgegeben hatte.



Recht herzlichen Dank, Gero, für dieses schöne Teeerlebniss!


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Schön geschrieben, Paul. Wenn sich mir auch mit gewissen Komponenten Schwierigkeiten ergeben,


diese in eine Art Gesamtgeruchskonzept einzuordnen, wie eben bspw. die Baskenmütze.


Irritieren tut mich zudem ein wenig, wie es überhaupt dazu gekommen ist, dass du an seiner Baskenmütze riechen konntest.


Auweia. Was hast du uns da bloss verraten?!? :lol:



Was mich aber eigentlich noch mehr interessiert, wie lange hast du an dieser Review geschrieben?


Weil, klingt nicht wie einfach nur dahingeklackst, auch nicht die Vergleiche.






Stimmt - es gibt zwar immer die Dörfer in Yunnan, die einem Hype zum Opfer fallen und wo die Preise jenseits aller Vernunft durch die Decke gehen ... und es gibt kleine Dörfer (wie Matai) die keiner beachtet und interessante Überraschungen bieten. Oder grundsolide Blends, die zwar aktuell nicht so angesagt sind wie Gushu nur aus dem Dorf XYZ ... aber über Jahrzehnte bestimmt haben, wie Puer wahrgenommen wird und jetzt 95% der hochverehrten Bing aus den 1980ern ausmachen.





Aus aktuellem Anlass bin ich natürlich interessiert an Sheng aus dem yunnaninternen Trenddörfchen Yishanmo, nahe der Grenze zu Laos. :P:D


Nur leider hat noch niemand auf teetalk was zu berichten gehabt.


Bearbeitet von GoldenTurtle
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@Schildkröte


Baskenmütze - Symbol - savoire vivre;  schon mal gehört in euren tiefen Tälern? ;)



"Das Symbol:

Nach Jung stellt ein Symbol nicht etwas aus dem persönlichen Kontext Erworbenes dar, sondern ist eine emotionsgefärbte Botschaft aus dem kollektivem Unbewußten. Es taucht aus einer transpersonalen, höheren Ebene des Bewußtseins in der Psyche auf. Es ist die Sprache der Psyche mit der sie noch Unbekanntes, meist Archetypisches dem Bewußtsein mitzuteilen versucht. Es sind "kollektive Vorstellungen", die auf frühesten Menschheitsträumen und schöpferischen Phantasien beruhen. Als solche sind diese Bilder spontane Erscheinungen und keineswegs willkürliche Erfindungen." eine zugegebenermaßen etwas simple Erklärung des Jungschen symbolgedankens, aber für dern Anfang soll's reichen.



C.G. Jung - einer von euch, übrigens.



An Symbolen muß man nicht richen! man muß sie erkennen.


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Das Bild mit Baskenmütze und Fahrradwerkstatt hat mir nicht wirklich sofort Düfte in die Nase getrieben - aber ich meinte die Stimmung zu spüren, die solche Erlebnisse zu glücklichen Erinnerungen macht. Und darum geht es mir in einer Pu-Beschreibung: die Stimmung zu transportieren.

Ob Paul jetzt etwas ganz anderes vom Medizinschrank erwartet als ich, halte ich nicht für so wichtig wie die Aussage: "ein Tee der einem Luft unter die Flügel gibt"

Das drückt genau das aus, was mir auch an dem Tee gefällt.


 
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Die aktuelle Bubble hat die Spekulation von vor 10 Jahren schon in den Schatten gestellt. Wenn man im Blog von MarshalN aufmerksam liest (gerade in den Kommentaren) und bei TeaChat die Diskussionen verfolgt, erkennt man schnell, wie extrem der Markt von Spekulation getrieben ist.

Heute habe ich in einer Mail vom Chawangshop (wollte die Herren ja mal wissen lassen, dass ich mir einfach deren Foto für den Blog gemopst habe) zum Thema Teepreise diese Passage in der Antwortmail bekommen:

"Prices of old tea and prices of new tea in puerh, jump to sky very fast, so many teas we

sell now never can buy and sell again with the same price.

The price jumping is not like 10 or 30% but 100 or 200% very fast,,, Chinese sellers are crazy

and I am not sure what is the future price of good quality pu.

So please enjoy tea when is cheap and avaiable in western shops."

 

Natürlich lese ich da auch eine gewisse Werbebotschaft raus - aber nachdem ich ganz ähnliche Aussagen von mehreren Quellen habe, glaube ich den Händlern auch, wenn ich diese Begründung dafür lese, dass ein brandneuer Bing schonal 300€ oder mehr kostet.

In Scotts Twitter Account las ich gerade, wie Scott sich über die diesjährige Qualität schlechten Maochas beschwert ("never ending nightmare"). Das heißt vermutlich nichts Gutes in Punkto Preisentwicklung  :blush:

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  • 3 Monate später...

Heute ist wieder ein Melonenabend. Ich wollte keine große Session machen, sondern mir als Begleitgetränk zum Surfen einfach etwas gutes gönnen.


Als entspanntes Setup habe ich gewählt: große Teeschale + Edelstahlfilter + Thermoskanne


Etwas von der Melone (Krümel, die sich im Wrapper gesammelt haben) in den Filter und ab damit in die Schale. Nur einmal gespült, dann eher längere Ziehzeiten wegen der geringen Teemenge.


Das Ergebnis verblüfft mich: da ist einerseits ganz ausgeprägt die Kampfernote, die ich an diesem Tee so schätze ... aber auch die Geschmeidigkeit (fast wie von Milch) die ich aus guten Shu kenne.



Nicht nur verblüffend, sondern ausnehmend ansprechend!


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  • 3 Monate später...

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