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Welchen Tee trinkt ihr heute?


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2020 Shoumei Tee Perle

Mal aus Interesse bestellt und heute probiert. Ganz witzig. Mit steigender Anzahl an Aufgüssen kommt aber immer mehr Säure hinzu was mich vom Nachkauf abhält. Die Perle war innen mind. bis zum 7. oder 8. Aufguss noch trocken und fest gepresst.

 

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2004 Youle Gushu via EoT

Seit langem hab ich mal wieder eine Tee-Bestellung in China bei EoT gewagt, nachdem verschiedene Teefreunde ja Erfolge bei Tee-Lieferungen aus China zu berichten hatten - allerdings ohne eine einzige Eigenproduktion sondern um die 4 kürzlich veröffentlichten zugekauften Produktionen zu probieren, die alle schon etwas Lagerung abbekommen haben. Bei dem sehr attraktiv bepreisten Youle heute (0,30€/g!) handelt es sich um eine private Produktion aus 2004, die von der Chang Da Hao Tea Factory gepresst wurde (deshalb auch deren Wrapper) und dann von einem Tee-Händler aus Kunming gekauft und dort gelagert wurde (wenn ich das richtig verstehe also 18 Jahre Kunming-Lagerung). Die Lagerung wird als sauber aber etwas trockener als von EoT präferiert beschrieben - wobei ich klar sagen muss, dass mir eine zu trockene Lagerung viel lieber ist, als eine zu feuchte - insbesondere wenn es sich um moderne, single-origin High-End Produktionen handelt: einfache Tees können von einer feuchten Lagerung profitieren und bei dem Factory-Massenwaren-Zeug ist das meiner Meinung nach sogar Pflicht, da sie sonst auf ewig untrinkbar bleiben aber hochwertige Tees verlieren bei zu viel Feuchtigkeit eher, als dass sie gewinnen, da man bei single-origin Tees ja gerade die Nuancen der einzelnen Regionen und Jahrgänge einen großen Teil der Spannung ausmachen. Aber zurück zum Tee: auch wenn bei diesem vermutet wird, dass es sich ausschließlich um Material von alten Bäumen handelt, ist klar, dass dieser nicht zur eben erwähnten High-End Kategorie gehört und ich deshalb für die 18 Jahre China-Lagerung dankbar bin: das Material ist sehr fest gepresst und die Blätter wirken winzig - das mag an einer gewissen Menge Bruch durch die feste Pressung liegen aber zeigt doch deutlich, dass es sich um eine kleinblättrige Region handeln muss und dazu ein toller deftig-herzhafter Duft des trockenen Blatts, den so ein über-sauberer Yu und Co so nicht zulassen würde. Und genau diese Deftigkeit macht aber auch den Charakter des Tees aus, der mir sehr gut gefällt: ungekünstelt, direkt und ehrlich, durchaus qualitatives Material aber "zünftig" verarbeitet - so sollte ein schöner Sheng einer kleinen Fabrik sein! Gerade in den ersten Aufgüssen ist der Tee aber schon sehr deftig, wenn man ihn etwas kräftiger brüht denn trotz des Alters hat der Tee sich noch ein gutes Maß seiner Jugend - und das heißt hier vor allem Adstringenz und Bitterkeit - bewahrt, daher kann ich den Hinweis von EoT schon nachvollziehen: man muss es schon herb mögen. Wenn das der Fall ist, hat der Tee aber viel zu bieten: neben dem bereits erwähnten tollen deftigen Charakter (bei dem auch viel über das Aroma transportiert wird) bietet er auf der Geschmacksebene eine schöne Wandlung (mit zunehmenden Aufgüssen kommt eine sehr saftige Fruchtigkeit mit dezenter Süße zum tragen), eine kräftige, volle Textur, ordentlich Ausdauer und was besonders wichtig ist ein ordentliches Qi, was den Tee in meinen Augen zu einem absoluten Preis-Leistungs-Kracher macht - zum Glück hab ich hier gleich einen ganzen Bing als "großes Sample" bestellt! Lustigerweise hatte ich den Tee bereits letzte Woche als Blind-Sample (Danke Pierre!) und war sofort von dem Tee angetan, ohne zu wissen, um was für einen sich handelt / den Tee überhaupt zu kennen 🙂 

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@doumer Was für ein Fundstück! Scheint mir ein heutzutage wirklich fairer Preis bei den genannten Eckdaten und deine Beschreibung der Session klingt verlockend.

Meine letzte Bestellung aus China habe ich im Frühjahr 2021 bei Lazy Cat Tea aufgegeben. Darunter befanden sich (@topic) zwei Huangguanyin aus der 2020er Ernte, die auf unterschiedliche Art und Weise verarbeitet wurden.

Der erste, einfach als Huangguanyin 2020 betitelt, ist ein wahres Gedicht. Ein hocharomatischer, expressiver Yancha, der nicht einen Moment lang die warme, breite Basis einer charaktervollen Röstung und eines vollen Körpers vermissen lässt. Das beste aus beiden Welten, wenn vielleicht auch ein wenig mehr zur neuen Schule des Röstens neigend. Typisch für solche new school Yanchas, ist die Ausdauer nicht unerschöpflich aber ganz ehrlich? ...das ist mir sowas von egal, wenn sich aus 5g/120ml sechs bis sieben großartige Aufgüsse zaubern lassen.

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Es folgt ein Transkript meiner Verkostungsnotizen:
Aroma im trockenen Blatt: tropische Früchte (v.a. Kakaofrucht), Macadamia, Holz und Schokolade
Aroma im aufgewärmten Nixing Kännchen: weiterhin fruchtig, aber auf einmal kommen definitiv mentholige Noten zum Vorschein
Nach dem Waschgang: vordergründig helle tropische Früchte, dazu Schokolade, Menthol und eine sehr entfernte Schwefelnote (die keineswegs stört sondern, im Gegenteil, zur Komplexität beiträgt)
Aroma des Aufgusses: ein Feigenbaum in der Sonne, blumige Noten, Krapfen und warme Milch; schon optisch zeigt sich eine tolle, ölige Textur!
Am Gaumen: ölig-weich und vollmundig mit fruchtigen und holzigen Noten; die Mineralität belegt den ganzen Mundraum, keine Adstringenz; eine knackig-leichte Bitterkeit (nur sehr dezent)
Abgang: (hier weiche ich vom Transkript ab :ph34r:) Ich wette mein abgenudeltes Teetablett, dass sich zwischen Köln und Yokohama, das heißt auch sonst nirgendwo, kein Tee mit einem aromatischeren Abgang finden lässt. Einfach nur üppig mit reifen Früchten, Milch und süßem Gebäck, sowie einem mentholigen Ausklang, der Lust auf den nächsten Schluck macht. Ich sage ja, ein Gedicht!

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Der andere Kandidat schimpft sich Fragrance Huangguanyin und ist leider lange nicht so gut wie der erste. Er ist für einen Yancha sehr zu grün verarbeitet, was ihm eine nochmal geringere Ausdauer einhandelt und paradoxerweise auch nicht für eine intensivere Aromatik sorgt. "Grüne" Aromen sind ja nicht automatisch intensive Aromen. Der Namenszusatz "Fragrance" lässt sich lediglich für ein paar kurze Momente am Gaumen nachvollziehen.

Trockenes Blatt: hellere Aromen als der andere; floral mit einem Bisschen Kakaofrucht und einer Prise Zimt
Im warmen Kännchen: süß und weiterhin sehr floral; Guave und ein etwas künstlich wirkendes Kirscharoma
Aroma der nassen Blätter: blumig und Noten von Kirschen
Duft des Aufgusses: nur ganz entfernt die üblichen Basisaromen eines Yancha
Am Gaumen: guter Körper (aber nicht so gut wie der des anderen Huangguanyin) mit knackig-frischer Mineralität; helle Aromatik mit Blütenhonig und Papaya
Abgang: weiterhin mineralisch-trocken, aber ohne allzu kräftige Tannine (die würden so gar nicht zu den nach wie vor dominierenden blumigen Noten passen); minzig-frisch beim Ausatmen


Ich habe vor meinem Yancha Deep-Dive länger recherchiert, wo ich denn bevorzugterweise das "nötige Material" beschaffen sollte. Meine Wahl war dann auf Lazy Cat und Wuyi Origin gefallen. Nachdem ich nun bereits einige viele Tees aus den Sortimenten beider Shops probiert habe, erlaube ich mir mal ein kleines (Zwischen-)Fazit und einen Vergleich, der sich wohlgemerkt nur auf die 2020er Ernte bezieht und von welchem daher natürlich nur in begrenztem Maße extrapoliert werden kann:
Beide liefern Yancha auf einem Qualitätsniveau, welches in europäischen Shops nicht in vergleichbarer Breite erhältlich ist, und tun dies zu mMn fairen Preisen. Insofern bekommen beide Shops eine Empfehlung von mir. Wuyi Origin hat allerdings in Sachen Beständigkeit und Durchschnittsqualität noch einmal die Nase vorn und ist dabei sogar tendenziell noch etwas günstiger. Es würde mich wundern, wenn man irgendwo mehr Yancha für sein Geld bekommt als bei Wuyi Origin. Wenn ihr da einen Shop kennen solltet, möglicherweise sogar in Europa, dann behaltet dieses Wissen um Himmels Willen bitte nicht für euch.

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Shibi medium roast Gaoshan Oolong Winter 2022

High Mountain Oolong kann so schön sein, wenn er ordentlich zu Ende produziert wird...

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Was üblicherweise als grüner Oolong in den Verkauf kommt ist eigentlich Maocha, roher Tee, dem der letzte Verarbeitungsschritt fehlt. Das abschließende Backen rundet nicht nur den Geschmack ab, sondern stabilisiert Ihn auch. Viele grüne Oolongs beginnen bereits wenige Wochen nach der Öffnung der Packung geschmacklich abzuflachen, da die konservierende Wirkung des Röstens fehlt.

Mittlerweile bin ich der Meinung, es ist weniger entscheidend, wie stark ein Tee geröstet wird, sondern ob der Röstmeister sein Handwerk versteht oder nicht. Ich habe Tees, die über 60 Stunden geröstet sind und bereits im Folgemonat der Produktion geschmacklich rund waren, andererseits "leicht" geröstete Tees, die jahrelang ruhen mussten um Ihr Feuer loszuwerden.

Dieser Oolong ist ein sehr schönes Beispiel dafür, was Rösten (eigentlich wäre Backen der bessere Begriff) bewirken soll, nämlich das Unterstreichen von Süße und Fruchtigkeit, Mundgefühl und Nachgeschmack.  Weder die typische Frische, die leichten Zitrusaromen und das "Berg-Qi" werden entscheidend überdeckt, dafür fehlen gra(u)sige Noten komplett.

Röstnoten wie beim Grillen, im schlimmsten Fall gar Kohle oder Aschearomen sind immer ein Zeichen fehlerhafter Produktion. Der einzige Grund, Tee so zu Tode zu rösten ist das Kaschieren minderwertigem Ausgangsmaterial.

Shibi als relativ südlich gelegenes (und eher unbekanntes) Anbaugebiet ist bekannt für seine relativ leichten, fruchtigen Tees. Der Großteil des hier produzierten Tees wird als Alishan Tee umetikettiert. Im Vergleich fehlt es allerdings meist ein bisschen an der floralen Aromatik, dafür ist der Körper der Tees nicht ganz so leicht. Dies kommt meinem persönlichen Geschmack eher entgegen.

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Da ich den Teebauern gut kenne, entsteht in meinem Kopf beim Trinken das Bild des Teegartens, ich schmecke den felsigen Boden, die 50 Jahre alten Teebüsche, rieche den umgebenden Bambuswald und die Kaffeeplantage eine Stufe weiter unten auf dem terrassierten Hang.

Im Aroma zeigt sich eine schwere Blumigkeit, die mich an Frangipani Blüten erinnert. Über die Aufgüsse hin entwickelt diese sich zu Orangenzesten.

Der Geschmack ist intensiv, mit einer herben Zitrusfrische, reifen Birnen und Passionsfrüchten. Es fehlen zwar die vollen Butternoten von Lishan-Tees, der Körper ist dennoch befriedigend mundfüllend. Der Tee entwickelt mit der Zeit eher trockene, mineralische Noten, die Fruchtigkeit tritt in den Hintergrund.

Der Nachgeschmack hat ein ausgeprägtes Huigan und ist adstringierend. 

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Bearbeitet von JanS
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vor 10 Minuten schrieb JanS:

Was üblicherweise als grüner Oolong in den Verkauf kommt ist eigentlich Maocha, roher Tee, dem der letzte Verarbeitungsschritt fehlt.

Schöner Beitrag!

Hier ist, m.E., in den letzten Jahren zum Glück ein Rückgang zu verzeichnen, außer wir sprechen von Qualitäten, von denen 50gr 10€ kosten. Die Erwartungshaltung von vielen hier gutes Material zu bekommen, ist - ähnlich beim Pu - töricht.

Ich trinke momentan unter anderem einen 12 Stunden gebackenen 22er Dong Ding, dessen Röstaromen ebenso noch nicht ganz verflogen sind. Allerdings treten diese erst sanft zu Tage, wenn man den Tee stark pusht.

Ein Tee, der eine Brücke schlägt, zwischen dem unfertigen Allerlei und solch fein definierten, "korrekt" produzierten Konsorten; ideal für den Alltag. 

Schön, wenn man direkt vor Ort, über vertrauensvolle Beziehungen, an solche Tees heran kommt. :)

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vor 6 Minuten schrieb Anima_Templi:

Schön, wenn man direkt vor Ort, über vertrauensvolle Beziehungen, an solche Tees heran kommt. :)

Das ist wirklich etwas, wofür ich dankbar bin. In die meisten Bergdörfer würde ich meinen Weg als normaler Tourist nie finden. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Gelegenheitsbesuch guten Tee vorgesetzt zu bekommen ist zudem gering. Die besten Qualitäten sind für Käufer mit langjährigen Geschäftsbeziehungen verkauft, die bekommt man nicht mal zu Gesicht.

Dieser Teebauer arbeitet außerhalb der Teeernte in der Firma des Onkels meiner Frau, ich kann also von diesen Beziehungen profitieren. Ohne dieses Vertrauensverhältnis würde ich nie direkt bei einem Bauern einkaufen

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Am 28.1.2023 um 11:23 schrieb waal:

Mit steigender Anzahl an Aufgüssen kommt aber immer mehr Säure hinzu was mich vom Nachkauf abhält.

@waal

Ich hatte auch schon meine Erfahrungen mit dieser Perle und habe auch den etwas sauren Geschmack festgestellt, wobei er mir nicht den Tee versaut hat. Ich habe auch bei anderen weißen Tees einen säuerlichen Geschmack in den späteren Aufgüssen gemerkt. Gibt es hier im Forum jemanden, der weiß, woher dieser Geschmack kommt? Wurde der Tee zu feucht / zu trocken gelagert? Oder eher falsch produziert?

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vor 2 Stunden schrieb DavidL:

@waal

Ich hatte auch schon meine Erfahrungen mit dieser Perle und habe auch den etwas sauren Geschmack festgestellt, wobei er mir nicht den Tee versaut hat. Ich habe auch bei anderen weißen Tees einen säuerlichen Geschmack in den späteren Aufgüssen gemerkt. Gibt es hier im Forum jemanden, der weiß, woher dieser Geschmack kommt? Wurde der Tee zu feucht / zu trocken gelagert? Oder eher falsch produziert?

Meine Teeerfahrung ist gering, aber bisher konnte ich sowas bei älteren Tees feststellen. Bei Weißen und Pu'E ist mir das schon aufgefallen. 

Bin gespannt was hier für Erfahrungswerte mitgeteilt werden.

Bearbeitet von waal
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@waal, da hatten wir wohl die selbe Idee! :P

2022 Ku Zhu Shan Dan Zhu

war auch bei mir heute in der Tasse. :)

Dieser Tee ist der erste junge Pu Erh, von dem ich mir eine größere Menge zugelegt habe. Ich finde ihn im Gegensatz zu jungen Dashu Pu Erh Tees etwas enspannender. Am Anfang riecht er schon sehr süß und floral. Das hat sich dann bei mir nach dem Waschen in Richtung Limettenjoghurt verändert und anschließend wurde er wieder blumiger. Im Geschmack ist er ähnlich. Erst sehr süß und floral, dann etwas spritzig, dann wieder floraler, wie Jasmintee.

Der Aufguss war recht hell. Vielleicht auch, weil ich mit 3,5g auf 100ml eher vorsichtig dosiere. Ich finde aber so schmecke ich mehr (nicht intensiver), als wenn ich höher dosiere.

Die Blätter sind sehr schön erhalten geblieben. Ein paar Knospen sind auch dabei, vorwiegend jedoch größere Blätter.

Ich bin schon gespannt, wie er sich verändern wird. :)

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@waal @DavidL haha, lustiger Zufall! Von wo stammt denn der Tee?
Und Obacht: Dashu (大树) ist etwas anderes als Danzhu (单株) - ersteres beschreibt das Alter der Bäume (wörtlich "großer Baum", also alt aber noch nicht so alt wie Gushu), das zweite die Lokalität (wörtlich "einzelne Pflanze", also dass das Material von ausgewählten Bäumen eines Garten stammt - von wirklich einem einzelnen stammt es idR nur bei wirklich EXTREM teuren Tees, die außerhalb von China quasi nicht erhältlich sind). 
 

@topic: 2003 Chenyuan Hao Youle Ancient Tree via Puerh.uk

Nach dem 2004er Youle von gestern hab ich mir gedacht, dass der 2003er Youle von Chenyuan Hao (陈远号) sicher ein spannender Vergleich ist: dabei handelt es sich um eine Boutique-Marke für hochwertige Pu'erh-Produktionen mit einem traditionellen Produktionsansatz, sprich eher etwas rustikaler als XZH und Co, was für mich sehr spannend klingt, denn prinzipiell mag ich ja (wie man bei dem Review gestern gesehen hat) das Rustikale, Derbe doch sehr gerne, allerdings muss die Qualität des Ausgangsmaterials stimmen, was es bei normalen Factory-Produktionen eben nicht tut. Da Puerh.uk einige Tees von CYH im Programm hat, wird man hier in nächster Zeit sicher noch etwas mehr darüber lesen 😉

Der Tee jedenfalls zeigt sich bereits im trockenen Zustand ganz anders: das Blatt ist größer und goldener und das Aroma kündet von sauberer Taiwan-Lagerung und Walnüssen statt saftiger Deftigkeit - bereits hier ist klar, dass der Tee einen anderen Anspruch hat als der 2004er. Um so überraschender traf mich dann er erste Aufguss: er ist trotz seiner 20 Jahre um ein vielfaches mehr adstringent als der 2004er und wirkt dank mehr Bitterkeit dabei auch deutlich aggressiver - zumindest mit meinen üblichen "ordentlichen" Brühparametern (viel hilft viel). Dazu gibt es eine schwer zu beschreibende, ungewohnte aber nicht unangenehme Note, von der ich nicht sagen kann, woher sie stammt - dass die Lagerung gut ist, zeigt sich trotz all der Aggressivität auch im Geschmack: keine Säure oder typische Off-Note. Die Textur ist OK aber in meinen Augen nichts außergewöhnliches und ob es all zu viel Tiefe gibt kann man durch die Adstringenz hindurch nicht erkennen - auch Qi scheint im ersten Moment nicht viel da zu sein: es gibt ja durchaus Tees, bei denen bereits beim ersten Schluck der Körper von Energie durchflutet wird, was hier nicht der Fall ist. ABER: kaum ist das erste Schälchen leer tut sich was im Kopf - wie ein Druck, der sich immer mehr aufbaut und wenn das zweite Schälchen leer ist, ist das Gefühl von solch einer Intensität wie ich es schon sehr lange nicht mehr erlebt habe, ich denke das letzte mal beim 2019er Bakanan von prSK (wenn auch da von völlig anderer Natur). Und die Wirkung bleibt exklusiv auf den Kopf beschränkt und konzentriert sich da mit voller Wucht: hier trifft eine hochtrabende Beschreibung wie "mind-stopping" tatsächlich mal zu und wer schon mal einen richtig starken Naka hatte, weiß was ich meine, wenn ich sage, dass das Qi hier zu konzentriert ist - obwohl zwischen den Aufgüssen immer (auf Grund des neu aufzukochenden Wassers im Tetsubin) ca. 15 Minuten liegen, hat die Wirkung nach dem dritten Aufguss die Grenze zum Unangenehmen überschritten. Das hängt primär mit der Wirkung des Qis zusammen: durch die konzentrierte, drückende Wirkung auf den Kopf empfinde ich es als aggresiv - da ist mit ein eher körperlich wirkendes Qi wie bei einem guten Yiwu deutlich lieber, da ich das als entspannend empfinde. Das ist aber natürlich etwas sehr subjektives - Matt beschreibt das Qi als "fröhlich und euphorisch" und scheint insbesondere diesen Tee sehr zu mögen (siehe hier und hier), nennt ihn auch einen High-End Youle, was ich absolut nachvollziehen kann, wenn man die Qualität für sich nimmt. Da Besprechungen von Tees (bzw. allem, was irgendwie mit Geschmack / menschlichen Eindrücken zu tun hat) aber nicht im luftleeren Raum existieren und daher niemals objektiv sind, bekommt der Tee trotz unbestreitbarer High-End Qualität nicht die Maximalpunktzahl von mir, da mir der Charakter zu aggressiv ist - das hat sicherlich auch etwas damit zu tun, dass ich Adstringenz nicht ausstehen kann, wenn sie ein gewisses Level überschreitet aber getreu dem Motto "der Geschmack ist bei einem Tee egal", hätte ich das dem Tee nicht mal angekreidet, wenn mir die Wirkung des Qis zusagen würde. Auf jeden Fall ein beachtlich mächtiger Tee, bei dem der Preis von 1,34€/g gerechtfertigt ist - so etwas erlebt man selten! Und für mich hat sich mit dem Tee nun auch endlich der prinzipielle Charakter von Youle erschlossen: grundsätzlich keine Region für mich, da die Metriken nicht mit dem übereinstimmen, was ich in einem Pu'erh suche - aber positive Ausnahmen gibt es natürlich auch hier.

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vor 31 Minuten schrieb doumer:

Und Obacht: Dashu (大树) ist etwas anderes als Danzhu (单株) - ersteres beschreibt das Alter der Bäume (wörtlich "großer Baum", also alt aber noch nicht so alt wie Gushu), das zweite die Lokalität (wörtlich "einzelne Pflanze", also dass das Material von ausgewählten Bäumen eines Garten stammt - von wirklich einem einzelnen stammt es idR nur bei wirklich EXTREM teuren Tees, die außerhalb von China quasi nicht erhältlich sind). 

Danke für die Erklärung. Das war mir jedoch bewusst. Indirekt beschreibt Danzhu ja auch das Alter. Denn nur von sehr alten Bäumen bekommt man genug Tee um daraus mehrere Cakes zu pressen.

Ich habe den Tee von Teewald und der letzten Vorstellung der Shoumei Perle von @waal zufolge, denke ich, dass er dort auch bestellt hat. Ich habe außerdem noch bei keinem weiteren Händler in DE ein Danzhu gesehen und war deswegen neugierig. Die Probe hatte mich dann überzeugt und ich habe mir einen Cake zum Geburtstag geschenkt. ^^

Da das Thema Pu Erh für mich relativ neu ist, wollte ich für meine erste längere Erfahrung mit jungem Pu Erh etwas vernünftiges kaufen.

Jedoch ist der Tee, verglichen mit deinen Tees, ja noch echt günstig. ^^

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Ah okay - dachte das wäre ein versehen weil Danzhu im Namen, du aber von Dashu sprichst und es keine Info zum Shop gab.

Zitat

Denn nur von sehr alten Bäumen bekommt man genug Tee um daraus mehrere Cakes zu pressen.

Ne, nicht unbedingt - wie gesagt, es wird ja nicht wie der Name sagt EIN Baum genommen sondern MEHRERE was ein dehnbarer Begriff ist: genügend Material bekommt man immer zusammen wenn man möchte. Aber theoretisch hast du natürlich Recht: der Aufwand lohnt sich nur, wenn das Material gut genug ist, um den Tee auch zu entsprechenden Preisen verkaufen zu können. Aber die Info zum Alter der Bäume im Shop ist natürlich Quatsch ;) 

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vor 2 Stunden schrieb doumer:

wie gesagt, es wird ja nicht wie der Name sagt EIN Baum genommen sondern MEHRERE

Achso, wieder etwas gelernt. Bis jetzt habe ich gedacht, der Begriff sagt explizit aus, dass nichts gemischt wird. Aber solange kein Gushu mit Dashu gemischt wird, ist das ja trotzdem etwas gutes. Leider bekommt man diese Info ja eher selten, wenn man "Gushu" Tee kauft.

vor 2 Stunden schrieb doumer:

Aber die Info zum Alter der Bäume im Shop ist natürlich Quatsch ;)

Wie kommst du darauf? Ich weiß, dass solche Angaben immer mit Vorsicht zu genießen sind, aber ich glaube nicht, dass diese Zahlen völlig frei erfunden sind.

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vor 11 Minuten schrieb DavidL:

Wie kommst du darauf? Ich weiß, dass solche Angaben immer mit Vorsicht zu genießen sind, aber ich glaube nicht, dass diese Zahlen völlig frei erfunden sind.

1. Widersprüchliche Aussagen: 300 Jahre alte Bäume wären eindeutig Gushu und nicht "nur" Dashu.

2. Jahresangaben sind wie du schon sagst mit Vorsicht zu genießen - selbst wenn der Händler nur das angibt, was der chinesische Verkäufer/Bauer gesagt hat, sind die Zahlen idR frei erfunden (da selbst wenn es verlässliche Aufzeichnungen zum Alter bestimmter Bäume gäbe, diese die Kulturrevolution nicht überlebt hätten und man somit zwangsweise nur Schätzwerte hat - und du weißt wie Männer schätzen, haha). Das gilt um so mehr, solange man nicht langjährige Beziehungen (10+ Jahre) zu den Bauern pflegt und vor allem als ausländischer Händler. Durch 2 oder 3 nehmen und dann kommt es vielleicht hin - vielleicht aber auch nicht. Wenn nicht zumindest Bilder der Bäume vorliegen ist die Information völlig bedeutungslos.

Ist aber auch nicht schlimm: letztlich ist das Alter der Bäume nur ein weiteres Label - der Tee muss zeigen, was in ihm steckt: im Schälchen kann er nichts mehr verstecken oder mit großen Behauptungen vortäuschen. ;)

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vor 35 Minuten schrieb doumer:

Widersprüchliche Aussagen: 300 Jahre alte Bäume wären eindeutig Gushu und nicht "nur" Dashu.

Vielleicht habe ich etwas überlesen, oder wir haben 2 verschiedene Seiten angesehen, aber von Dashu habe ich nichts in der Beschreibung des Tees gelesen. Das Wort habe ich vorhin nur in meinem Beitrag benutzt.

vor 38 Minuten schrieb doumer:

Ist aber auch nicht schlimm: letztlich ist das Alter der Bäume nur ein weiteres Label - der Tee muss zeigen, was in ihm steckt: im Schälchen kann er nichts mehr verstecken oder mit großen Behauptungen vortäuschen. ;)

Es gibt bei Teewald auch ein Bild eines alten Teebaumes, jedoch nur bei den älteren Jahrgängen. Aber da weiß man ja auch nie, ob die Blätter daher stammen. Letztlich kann man nur dem Händler vertrauen.

Ich traue mir noch nicht ganz zu Dashu und Gushu sofort und zuverlässig am Geschmack zu unterscheiden. Jedoch habe ich mich inzwischen durch die Hälfte der jungen Shengs von Teewald getrunken und der Ku Zhu Shan war der Tee, der am meisten Süße hatte und am einfachsten zu trinken war. Auch war er nicht so trocken und anregend, wie die anderen Tees. Daher bin ich mit der Entscheidung recht zufrieden. :)

 

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