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Puer Tee rösten (in Bulang Zeremonie)


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Hallo zusammen, 

vor ein paar Tagen hat William von FL zu einer Zoom-Session eingeladen, in der eine traditionelle Bulang Teezubereitung virtuell erlebt werden konnte. War schon interessant zu sehen, wobei ich ehrlich gesagt nicht sicher war, wie viel davon tatsächlich traditionell war, da gibt es ja viele Varianten. Jedenfalls wurden die Teeblätter vor dem Kochen in einer Gemüse-Hülse (sah wie ein ausgehöhlter Kürbis aus) mit Kohle geröstet und dann gemeinsam - also Teeblätter und glühende Kohle - in einer Kanne auf offenem Feuer gekocht. Ich stellte mir den Geschmack ziemlich aschig vor, aber angeblich soll dadurch der Geschmack des Tees betont werden und die Adstringenz/Bitterkeit verringert werden. Außerdem schwärmte der Teezubereiter davon, dass durch die Zugabe von Kohle ein stärkeres "cha qi" erreicht wird.

William regte an, das einfach einmal zuhause auszuprobieren. Ich als Großstädter muss noch auf eine Grillgelegenheit warten, um das wirklich auszuprobieren oder in meiner Küche improvisieren. Vielleicht reicht auch ein einfaches Rösten oder Backen der Blätter vor dem Aufgießen. Bei Oolongs soll ein Nachrösten ja nicht unüblich sein. Da ich kein besonders inniges Verhältnis zu Oolongs habe, weiß ich jedoch nicht mehr dazu. 

Mich würden Meinungen zu Puer-Rösten hier interessieren. Wie würdet ihr vorgehen? Vielleicht in einer Gußeisenern Pfanne ca 5 Minuten, wobei man vielleicht nicht stärker rösten sollte, als es der Tee "kennt" (üblich sind ja heutzutage eher 20 min bei hohen Temperaturen)?

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Ich habe minimal Erfahrung gesammelt, indem ich ein paar Tees in einer gusseisernen Pfanne geröstet habe. Zur Kontrolle der Temperatur habe ich ein IR-Thermometer benutzt. Wirkliche Kontrolle über die Temperatur hat man aber nicht. Die Pfanne wird nicht gleichmäßig heiß.

Ich habe so schon den Amber Oolong von TKK geröstet. Mit dem Ergebnis war ich sehr zufrieden. Die fruchtigen Noten wurden dadurch schön mit einer Röstnote ergänzt. Dazu habe ich den Tee bei ca. 180-200 Grad für 6 Minuten geröstet ind dabei den Tee alle 10-20 Sekunden geschwenkt.

Negative Erfahrungen habe ich mit dem Zealong Oolong gemacht. Der sehr grüne Oolong hat nicht gut mit den Röstnoten harmoniert. Ich denke grüne und frischere Tees werden dadurch nicht unbedingt verbessert. Zumindest ist die Chance auf ein gutes Ergebnis geringer.

Mit Pu Erh habe ich es nich nicht probiert. Könnte ich aber vielleicht mal machen. Jedoch habe ich Pu Erh nicht im Überfluss. Daher werde ich das nur mit sehr geringen Mengen ausprobieren können.

Ich kann mir vorstellen, dass der noch nicht ganz gereifte Pu Erh, also in der Phase zwischen jung und reif, am meisten davon profitieren könnte.

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Pu erh habe ich zwar noch nicht geröstet, dafür aber eine Menge Grüntee (-> DIY Hojicha):

Angefangen habe ich mit einer beschichteten Pfanne (hatte grade nix anderes zur Hand; update auf Gusseisern ist aber geplant) auf einem Elektroherd: Pfanne erstmal richtig heiß werden lassen, dann Tee rein 10-15 sek stehen lassen, dann runternehmen und schwenken. Danach die Pfanne wieder auf den Herd setzen und warten bis es anfängt zu duften/dampfen (-> besser: kurz vor Dampf), runternehmen und schwenken (-> das Schwenken dient unter anderem dem Abkühlen). Und das ganze so 5-10x wiederholen. Wichtig ist, das man stärker geröstete Tees erstmal 1-3 Wochen liegen lassen sollte damit der Geschmack sich entwickeln kann und der "verbrannte" Geschmack verfliegt. (-> siehe auch Kaffee rösten!)

Für mein Koji Experiment (siehe Forum) habe ich den Tee einfach bei 75 Grad Umluft im Backofen stehene gehabt (ca.1h). Hier war aber auch eher das Ziel überschüssiges Wasser auszutreiben und den Tee zu sterilisieren. Den Resultierenden Tee habe ich dann auch probiert und er war gar nicht schlecht: Zwar nicht so gut wie am ersten Tag aber wesentlich besser als vorher (weniger "altes Grünteearoma"). Welche Parameter jetzt für Pu erh optimal sind müsste man glaube ich einfach ausprobieren. Wichtig ist halt nur das diese Backofen Methode sich eher für längeres Rösten bei niedrigerer Temperatur eignet.

Bearbeitet von FireStream
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Grade mal an einem Moychay Fu Zhuan (technisch gesehen kein Pu erh, aber ein Tee den ich gerne und häufig trinke) von 2017 ausprobiert:

HOLLA was eine Wirkung!

Ohne ist der Tee sehr sanft, fast lahm, süß und Herbstlaubig (ergo: sehr gut bekömmlich für Körper und Geist ohne aber in irgendeiner Form zu fordern) .

Mit Röstung bekommt der Fruchtigkeit (Kirsche) und eine spritzige Bitterkeit. Als hätte man von einem, langsamen Walzer auf einen feurigen Tango gewechselt -> Mal interessant wie der sich in ein paar wochen gibt. Leider killt man damit die probiotischen Lebewesen, aber geschmacklich hoch interessant. Gut das ich noch ca. 1kg davon habe, mehr als genug um die Methode zu optimieren.

Bearbeitet von FireStream
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vor 3 Stunden schrieb FireStream:

Angefangen habe ich mit einer beschichteten Pfanne

Bei beschichteten Pfannen wäre ich vorsichtig. Die Beschichtungen dürfen oft nur bis 150°C erhitzt werden. Teflon z.B. aber auch bei anderen Pfannen habe ich ähnliche Temperaturen gesehen. Ab da können dann giftige Stoffe entstehen. Das fiese ist, dass man bei Pfannen nicht weiß wie heiß die sind.

Emaillierte Eisenpfannen sind zum Rösten denke ich das Beste.

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Gestern abend mal etwas Zeit gehabt und ein Buch über Pu in die handgenommen... Dort waren einige als "typische" deklarierte  Zubereitungsmethoden beschrieben und auch das von dir beschriebene Rösten stand so drin. Die Angabe von einigen Minuten  ich glaube 15 waren es, hat mich dann doch erstaunt  neben der Tatsache, dass ich die ganzen Methoden schon total vergessen hatte. Wohlgemerkt über Flamme... da ist die Wärme quasi sofort da. So ist es  wenn man erstmal mit den eigenen zufrieden ist.

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Ich hab es nun mit einer Gußeisernen Pfanne auf voller Temperatur (ohne IR-Thermomenter) und ca 2 min. Bei gealterten Oolongs wird ja auch nachgeröstet, deswegen habe ich es einmal mit einem gereiften Sheng probiert. Zur Hand lag ein 2006 XG Jin Si. Er sollte nicht typisch XG-rauchig sein und ein wenig fruchtig. Und tatsächlich wurde die Fruchtigkeit deutlich betont. Wenn man nacheinander den Tee mit und ohne Röstung trinkt, sind das Welten. Mich erinnerte der Geschmack an einen Dan Cong, noch mehr aber an einen gereiften Oolong mit starker Röstung. Mir reichte dann auch eine geringere Röstung (1 min) aus, verringert wohl auch die schädlichen Substanzen, die dabei entstehen (polyzyklische aromatische Kohlenstoffe usw). Der geröstete Puer scheint auch aktivierender zu wirken. Das meinte der Bulang-Teezubereiter wohl auch mit stärkerem Cha Qi. 

Ein Nachteil ist jedoch, dass der typsche Geschmack eines reifen Puers nicht mehr vorhanden ist. Ich glaube bei einer Blindverkostung würde ich den Tee nicht als Puer erkennen, sondern klar einen Oolong vermuten. Die Betonung der Fruchtigkeit und die Röstaromen sind halt schon sehr dominant. Dadurch verliert der Tee auch an Komplexität der Reifung. Kann man beide Welten zusammenführen? Die Mischung der getrennt aufgegossenen (un)gerösteten Teeblätter zeigt, dass es teilweise möglich ist. Zumindest harmoniert die Mischung - das ist ja nicht selbstverständlich. Am interessantesten fand ich ca 3/4 klassischen Puer-Aufguss und den Rest mit geröstetem. Denn wenn ich einen Puer aufgieße, möchte ich nicht einen Oolong trinken. Ein Schuss mehr Fruchtigkeit und ein wenig Röstaromen ohne den Puer-Charakter zu übertünchen, finde ich aber schon interessant. Das wird jedenfalls ein Bestandteil meiner Teekultur werden!

Dabei muss ich selbstkritisch verwundert feststellen, dass ich mich bisher nicht besonders mit den traditionellen Zubereitungsmethoden auseinandergesetzt habe. Schon schräg, wie dominant Gongfu als Zubereitungsmethode von Puer ist, auch wenn es eigentlich nicht die traditionelle Zubereitung von Puer darstellt. Kommt ja - wenn ich mich richtig erinnere - aus dem Südosten Chinas. 

Am 3.4.2023 um 10:26 schrieb Siebenschläfer:

Gestern abend mal etwas Zeit gehabt und ein Buch über Pu in die handgenommen

Interessant, welches Buch ist es? 

Am 3.4.2023 um 10:26 schrieb Siebenschläfer:

Die Angabe von einigen Minuten  ich glaube 15 waren es

ja, das kommt mir auch sehr lang vor. Klingt eher nach der Zeit fürs Rösten der gewelkten Blätter. In der erwähnten Bulang-Zubereitung wurde der Tee auch nur 1-2 min geröstet. 

Am 2.4.2023 um 20:01 schrieb FireStream:

Als hätte man von einem, langsamen Walzer auf einen feurigen Tango gewechselt -> Mal interessant wie der sich in ein paar wochen gibt. Leider killt man damit die probiotischen Lebewesen, aber geschmacklich hoch interessant.

ja, ging mir auch so. Aber zumindest die Bakterien werden wahrscheinlich großteils beim Brühen sowieso getötet.

Am 2.4.2023 um 18:25 schrieb FireStream:

Wichtig ist, das man stärker geröstete Tees erstmal 1-3 Wochen liegen lassen sollte damit der Geschmack sich entwickeln kann und der "verbrannte" Geschmack verfliegt

ja, das ist ein wichtiger Punkt. Hat sich geschmacklich sonst etwas geändert in den Wochen nach der Röstung?

Bearbeitet von blickwinkel
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vor 6 Stunden schrieb blickwinkel:

Aber zumindest die Bakterien werden wahrscheinlich großteils beim Brühen sowieso getötet.

Es heißt zumindest, das der gelbe Schimmel durch irgendeine spezielle Hülle/Membran (k.A bin kein Biologe) sowohl das Brühen als auch den Magen unbeschadet überleben kann um im Darm dann allerlei gutes zu bewirken... Aber Röstung bei 100°C+ ist wahrscheinlich doch etwas heftig.

vor 6 Stunden schrieb blickwinkel:

ja, das ist ein wichtiger Punkt. Hat sich geschmacklich sonst etwas geändert in den Wochen nach der Röstung?

Bei Hojicha: Ja, auf jeden Fall: Geschmacklich runder und differenzierter. Bei dem genannten Fu: noch nicht probiert, aber mache denmächst noch mal einen Röstdurchgang.

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@blickwinkel das Buch ist 'Pu erh appreciating Chinese Tea'. Allerdings finde ich die Infos darin recht dünn im Verhältnis zum jetzigen Preis.  Früher gab es das für rund 10 Euro, dafür ist es ok.

Ich hab nochmal rein geschaut. Es wird empfohlen über der Flamme im Tonkännchen/Pitcher zu rösten und zwar so lange bis es verbrannt riecht und wird als beliebte Methode für die Zubereitung bei den Dai genannt auf Grund des reichen Geschmacks und dem starken Aroma.

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Hier ein paar Fotos der Bulang Teezeremonie welche von Pandas Freundin Yuni durchgeführt wurde. Ich habe noch irgendwo ein Video davon. Ich lade es hoch wenn ich es gefunden habe.
@blickwinkel Die Kohle wird übrigens nach dem Rösten entfernt und erst dannach werden die Teeblätter aufgegossen.

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Bearbeitet von Diz
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  • 1 Monat später...
Am 7.4.2023 um 11:44 schrieb blickwinkel:

erstmal 1-3 Wochen

Nope. Da muss ich mich korrigieren: VIEL LÄNGER!

Habe vor einigen Wochen ein kleines Experiment gestartet: 2 Tees, jeweils 10g, 20 min bei 250°C im Backofen.

 

Warum 2 Tees?: einfach aus Interesse (gute Idee -> Gemeinsamkeiten!!!)

Warum 10g? einmal direkt nach dem rösten probieren + 1 Woche später. (saublöde Idee, hätte mehr sein müssen)

Warum 20min + 250°C? Habe gleichzeitig noch eine Pizza gemacht und nicht vorgeheizt (nunja.... auch so ne Idee, aber um Pizza geht es hier nicht.)

Bilder vorher:

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Bilder Nachher:

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Um ehrlich zu sein dachte ich bei dem Anblick an einen Totalschaden, zumal die Tees nach gar nichts mehr rochen. Probiert habe ich sie beide am nächsten Tag und musste feststellen, dass sie exakt gleich schmeckten! Früher habe ich von meiner Oma Sonntags immer viel eine Tasse "Kaffee" bekommen: 95% Milch und 5% Kaffee: Exakt diesen Geschmack hatten beide Tees zu dem Zeitpunkt.

2 Wochen später habe ich sie dann erneut probiert und beide hatten zwar immernoch diesen "Milch mit Kaffee" Geschmack, aber ihre jeweiligen Ursprungsaromen sind langsam wieder aufgetaucht und das Mundgefühl hat sich von wässrig nach ölig verändert (beide!). Blöd das ich nur 10g Tee geröstet habe, ich hätte dieses Experiment besser noch weiter laufen lassen.

Interessant wäre auch die Lagerung nach dem Rösten: Jetzt habe ich beide Tees in Plastiktüten mit wenig Luft gelagert: wäre interessant zu erfahren wie sich Lüften oder Luft raussaugen auf den Geschmack auswirkt.

Jetzt noch 2 extra Bilder weil der Knospentee ziemlich stark verbrannt aussah:

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Sieht doch ganz ansprechend aus, oder?

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