Hallo zusammen,
wollte mal Tea Hong aus Hongkong vorstellen - die haben ein etwas ungewöhnliches Profil von dem ich sehr angetan bin.
Zunächst mal ist die treibende Kraft hinter dem Laden der Tee-Enthusiast Leo Kwan, dem ich die Eigenschaft zuschreibe, ein tiefes Interesse an der Vermittlung von Tee-Wissen und -kultur zu haben und da sogar manchmal Geschäftsinteressen hinten anzustellen. Klar sagen muss ich: ich weiß weder genug über Tee noch übers Tee-Business um solch eine Aussage mit Sicherheit tätigen zu können. Das ist mein Eindruck, der unvollständig und/oder falsch sein kann. Ich schreib das nicht aus der Perspektive einer kritisch beurteilenden Tee-Koryphäe heraus, sondern aus dem Blickwinkel eines Tee-Amateurs (nicht zuletzt im ursprünglichen Wortsinne des Liebhabers!) der da einfach ein sehr gutes Gefühl hat.
Jedenfalls betreibt Leo die Informationshomepage Tea Guardian, die teilweise sehr lange Artikel zu verschiedenen Themen bietet und ein äusserst reizvolles Layout zu bieten hat, mit tollen Fotos. Mir scheint dass Tea Hong mindestens ebenso sehr ein Liebhaberobjekt ist wie eine Geldquelle, denn der Laden ist sehr klein und es scheinen recht rigorose Standards angewendet zu werden. Auch ist Leo eher ein Tee-Berater, der andere Händler und Restaurants berät, dieser Laden ist anscheinend nicht seine Haupt-Einnahmequelle. Besondere ist auch dass, wenn ich richtig informiert bin, ein Großteil der Kunden ausserhalb Chinas sitzen, nämlich in England, der Schweiz und Frankreich. Das merkt man beispielsweise darin dass für vieleTees europäisierte Namen verwendet werden.
Der Laden ist vor allem eine Fundgrube für höherwertige, lose, nicht gerollte Oolongs, man hat auch grüne, weiße und schwarze Tees höherer Qualitätsstufen.
Besonders was Pu'Er angeht, ist Leo sehr kritisch und vertritt kontroverse Positionen. Er lehnt beispielsweise die Pressung von Bings und den Konsum jungen Shengs fast kategorisch ab. Ich will garnicht erst versuchen, zu beurteilen ob das richtig oder falsch ist, ich weiß dass diese Position wohl ziemlich rar ist und auch dass die wenigen Pu'Ers, die Tea Hong führt, wirklich sehr, sehr gut waren. Aber das ist alles so ein weites Feld und ich bin so unerfahren dass ich das zwar erwähnen will, aber absolut kein Urteil drüber fällen, in keine Richtung. Jedenfalls merkt man hier die etwas kompromisslose Haltung: Es werden nur einige wenige lose Pu'Ers verkauft, die allesamt sehr dunkel sind - ich glaube Leos Behauptung sofort dass er sehr viel mehr Geld verdienen könnte wenn er sich am Mainstream-Pu'Er-Markt beteiligen würde.
Was auch besonders ist, ist dass die TCM sehr intensiv angewandt wird, so sind die Tees alle entsprechend kategorisiert, von sehr kalt bis sehr warm, und man kann auch anhand dieser Kriterien nach Tees suchen. Das Auswahlsystem ist aber ohnehin eine Art Gesamtkunstwerk!
Es wird auch nur eine Packungsgröße angeboten, je nach Tee zwischen 30 und 70g - eben so dass die Tüten in Einheitsgröße voll werden. Auch werden die Tees sehr ästhetisiert präsentiert und man ist, was die Selbstdarstellung angeht, nicht unbedingt bescheiden. Ganz klar - Leo polarisiert, und die ganze Ausrichtung ist konsequent "Premium"-mäßig. Aber dafür finde ich die Preise durchaus akzeptabel - die meisten Tees sind durchaus bezahlbar. Auch durch die kleinen Packungsgrößen versucht man garnicht erst, die Leute anzusprechen die Brot- und Butter-Tees suchen, sondern wohl eher diejenigen, die sich zumindest als Connaisseure verstehen *g*
Gibts was zu kritisieren? Nun, neben der allgemeinen Philosophie, die sich zwischen exzentrisch und esoterisch bewegen kann ist die Präsentation schon sehr marketinglastig und die Beschreibungen sind mitunter sehr blumig. Auch sind die Informationen zu den Tees, was Alter der Bäume, Ursprungsregion, Kultivare und so weiter angeht, doch recht spärlich.
Soweit ich das überblicken kann ist Tea Hong aber ein ungewöhnlicher Laden, der eine recht unverwechselbare Ausrichtung hat und dessen Tees ihre doch recht vollmundigen Versprechungen bisher immer gehalten haben. Für micht ist klar dass sich hier cleveres Marketing und genuines Interesse am Tee an sich mischen - die Frage, wie sich das aufteilt, ist aber weit jenseits meines Urteilsvermögens.