Meine Erfahrungen mit chinesischem Tee und Mehrfachaufgüssen e aus diesem Forum, aus Blogs und von Youtube. Sie gründeten sich also auf Erlebnisse aus zweiter Hand, und gerade bei Youtube bekommt man zwangsläufig ein eher gestelltes Bild vermittelt - die meisten Leute geben sich automatisch und unbewusst mehr Mühe, wenn sie etwas für ein Publikum tun.
Dies hat sich nun geändert, da mein Partner und ich bei seinem Bruder und dessen aus China stammender (und dort aufgewachsener) Frau zum Nachmittagskaffee eingeladen waren.
Nun bin ich kein Kaffeefan und bat um Tee. Amily (meine Schwägerin) war etwas ratlos, da sie nicht wusste, welchen Tee sie mir anbieten sollte. Ich meinte daraufhin, dass ich auch Oolongs und Pu-Erh trinke. Sie war darüber sehr erstaunt und begann, eine große Teekanne (ca. 0.8 Liter) mit Blättern zu füllen. Sie brachte die Kanne zum Tisch und meinte, sie wüsste nicht, wie lange der Tee nach dieser Methode ziehen müsse, da sie ihn aus viel kleineren Kannen trinke. Ich meinte, dass ich das genauso machen würde. Daraufhin setzte eine hektische Betriebsamkeit ein.
Mit der Bemerkung "Das trinkt ihr nicht" in Richtung der großen Kanne kehrte sie in die Küche zurück und schleppte eine Tonkanne nach der anderen heran - insgesamt drei Stück, jeweils mit anderen Teesorten. Dazu gab es jeweils andere Schalen (für jede Teesorte eine eigene), das Ganze wurde sorgfältig, aber nicht übertrieben arrangiert (jede Kanne hatte ihr eigenes Tablett, die Schälchen ebenfalls.
Abwechselnd wurde aufgegossen, und wir tranken die verschiedenen Sorten abwechselnd.
Amily erzählte, dass man auf diese Weise oft Tee trinkt, wenn man mit Freunden zusammensitzt. Den ganzen Abend wird aufgegossen, und man müsse darauf achten, auch etwas zu essen, da man sonst am Ende wie betrunken ist.
Für mich war das sehr erhellend, da es sich um Teegenuss als selbstverständlichen Teil des Alltags handelt - ohne rituellen Charakter. Der Tee wird mehrfach aufgegossen, da man das so macht und es besser schmeckt.
Ein paar Dinge fielen mir besonders auf.
- Die Kannen waren deutlich größer als die, die ich (und die meisten anderen hier) nutzen, ca. 250 - 350 ml). Vermutllich, weil man Tee oft in größerer Runde trinkt
- Sie nutzte Tonkannen, die (wie wir das auch tun) unterschiedlichen Sorten vorbehalten waren. Wir sprachen auch über Yixing, was für sie nur eine unter verschiedenen Ton- und Herkunftsoptionen zu sein schien (sie meinte nur, dass da viele Kannen herkämen). Vermutlich liegt das an der Marktdominanz von Yixing-Kannen hierzulande, während andere Tonkannen eher schwierig zu bekommen sind. Das ist für jemanden, der sich regelmäßig in China auskennt und dort knapp die ersten dreißig Jahre ihres Lebens verbracht hat, natürlich völlig anders.
- Da wir zu mehreren waren, wurde auch viel Tee gekocht, verschiedene Sorten wurden angeboten und probiert.
Mir hat das gefallen, da es völlig alltagstauglich ist. Ich habe das zu Hause mal probiert, mit zwei Sorten und kleineren Kannen. Es ist sehr entspannt und problemlos in den eigenen Alltag zu integrieren - ob allein oder zu mehreren.