Heute meinen bisher ältesten Pu-Erh probiert:
Pu-Erh Loose Sheng 1970
vom TeaHouse.de (Link direkt zur Produktbeschreibung)
[move]Kurzfassung:[/move] Obwohl es definitiv ein Sheng ist, wirkt er über weite Strecken wie ein Shu.
Haupteindruck Geruch/Geschmack: feuchter Keller und altes Holz.
Mein Fazit: wenn dies typisch für alten Sheng ist, verstehe ich nicht, warum die Preise so hoch sind.
[move]Langfassung:[/move]
5g Probe im 100ml Gaiwan
Trockenes Blatt
Ebenmäßiges Braun, darüber ein matter weißer Hauch. Ein paar Stängel, viele scheinbar (s.u.) mittelgroße Blätter und leider einiges an Bruch. Heute kommt aber auch der Bruch in den Gaiwan!
Duft erinnert entfernt an Nadelholz, davor kommt aber ? … Muskat?
Im vorgewärmten Kännchen ein Duft wie von Kartoffeln und Muskat
Duft nach Spülung: Blumenerde! Frischer Sack Erde aufgerissen zum Pflanzen. Ganz hinten Muskat, Nelke, Piment!
Blatt fast schwarz - wie Shu.
Aufgüsse
1. Noch viel erdiger als Shu! Farbe ungefähr wie Shu, aber absolut klar. Duft und Geschmack sehr erdig / wie Keller / wie zerfallender Baum im Wald - ist das ein Hinweis auf die traditionelle feuchte Lagerung?
Dahinter: traditionelle chinesische Medizin.
2. Wie 1., aber noch etwas weiter hinten im tiefen Keller. Hoffentlich ist der Lagerungscharakter bald rausgewaschen.
3. dran genippt, dann weggeschüttet. Etwas metallischer - lecken wir jetzt die Rohre im Keller ab?
4. lässt der Keller nach oder ist das nur Wunschdenken? Jedenfalls endlich mal sowas wie Huigan (=Nachgeschmack, der nach bitterem Abgang in anhaltende Süße umschlägt).
5. Mehr Holz statt Keller. Besser!
...
10. Ok, der Keller ist passé. Nun ganz deutlich die traditionelle chinesische Apotheke … und hintenrum schleicht sich aus dem Keller noch etwas Kartoffelschale in den Geschmack. Dazu eine deutliche Süße.
13. Dünn, süßlich mit Geschmack traditioneller chinesischer Apotheke. Im Nachgeschmack aber etwas kratzig (nur leicht!).
Schlussbetrachtung der Infusion:
Um mir die verbrauchten Blätter nochmal richtig anzusehen (und zu überprüfen, dass es nicht doch Shu ist) hole ich die Blätter aus dem Gaiwan, doch …
Halt! Stopp! Was ist denn das?!? Im unteren Teil des Gaiwans wirken die Blätter wie eng gepackt. Die haben sicher nicht ihren ganzen Geschmack freisetzen können. Also nochmal Wasser frisch gekocht und direkt aus dem Kocher auf die aufgelockerten Blätter.
14. Aufguss: immer noch die Süße, welche man in der Schlussphase findet. Dazu aber kompaktere Aromen: Holz (antike Möbel?) und Waldboden. Angenehmer Geschmack, aber das Rachenkratzen ist leider auch stärker geworden.
Schlussbetrachtung der Infusion:
Wirklich Sheng, aber viel kleinblättriger, als anfangs gedacht. Die Blätter haben sich nicht vollkommen geöffnet. Haben sie in den ca. 40Jahren vergessen, welche Form sie mal hatten? /emoticons/wink@2x.png 2x" width="20" height="20" data-src="/emoticons/default_wink.png">
Fazit:
Wie schon in der Kurzfassung beschrieben: was ich hier erlebt habe, lässt mich nicht den Hype um die ganz alte Pu-Erhs verstehen. Ich hätte facettenreichere Aromen und ... Multidimensionalität(?) erwartet.
Zusätzlich etwas enttäuschend: im Kleingedruckten der Händlerbeschreibung steht, dass der Tee aus den 70'er Jahren stammt, nicht präzise aus dem Jahr 1970, wie der name es vermuten lässt. Ok, bei einem losen Tee wie diesem gibt es nicht wie beim gepressten Bing das Einwickelpapier und den Beipackzettel (Neifei), die einem bei der Altersbestimmung helfen - daher kann man hier das Alter kaum auf ein präzises Jahr festmachen.
Bin mal gespannt auf meinen nächsten Sheng aus dem Probenpaket vom TeaHouse - die meisten waren nämlich richtig gut.
Bilderliste:
1. trockenes Blatt
2. erster Aufguss
3. vermeintlich letzter (13.) Aufguss
4. wirklich letzter (14.) Aufguss
5. verbrauchte Blätter