<Geros Versehen: es handelt sich bei dem verkosteten Tee um eine Probe "Single Trees" die nicht identisch ist mit dem verlinkten Gushu im Shop>
Jetzt müsst Ihr stark sein: Die Schonzeit ist vorbei - ich werde wieder über Tee schreiben!
Nachdem ich so lange inaktiv war, mag das vielleicht in Vergessenheit geraten sein, aber meine Verkostungsnotizen sind selten kurz & bündig ... eher in gewisser Weise leicht wienerisch.
Nun zum Tee, den ich schon am 8. April von William als Probe bekommen habe. Um mit ganz offenen Karten zu spielen: ich habe diesen Tee zusammen mit zwei weiteren Proben einfach so von William als Proben zugeschickt bekommen. Es ist kein Geld geflossen, kein Auftrag eine Rezension zu schreiben ... aber wer bin ich, um meine eigene Neutralität zu beurteilen?
Jedenfalls hat dieser Tee es geschafft, eine langsam gewachsene Überzeugung zu fällen. Bis ins Frühjahr war ich der Meinung, dass Jingmai Tees nett aber tendenziell etwas langweilig seien. Daher brach ich auch zu jener grandios gescheiterten Wuliang-Expedition auf. Nachdem die auf Eis liegt, meine Nase operiert wurde und ich nun so langsam wieder Nuancen mitbekomme, hatte ich heute Lust auf einen jungen Gushu. Zum Glück war noch etwas im Probentütchen!
Die Blätter kamen bei mir lose an. Maocha oder aufgedröselte Blätter eines sehr lose gepressten Bing? Würde eher auf Maocha tippen. Dunkelgrüne Blätter mit einem heftigen Silberanteil. Im Duft meine ich neben dem typischen Duft ganz frischen Sheng auch Gurke zu entdecken. Das ist nichts von Rauch, Leder oder Tabak - der Duft schreit für mich "Sauberkeit" (... ob das irgend jemand nachvollziehen kann?).
Die feuchten Blätter duften nach grünem Gemüse und etwas nach Champignons. Laut meiner englischen Blogidole spricht dieser Duft nach grünen Bohnen für eine grünteeähnliche Produktion - etwas das ich in Sheng eigentlich nicht so gerne habe. William schreibt aber auch hier in seinem Shop, dass dieser Tee sehr grün produziert sei.
Trotzdem - heute im Tonkännchen zubereitet zum heutigen Wetter finde ich diesen Tee einfach herrlich. Die Geschmacksbeschreibung entzieht sich mir völlig, aber Mundgefühl, Nasenwirkung und Stimmungseffekt sind für mich 1a! Der Tee kommt richtig dicht rüber und wirkt fast ölig im Mund. In späteren Aufgüssen merke ich eine sehr belebende und anregende Bitterkeit (nun, bei Bier hatte ich auch immer lieber herbes Jever als weichgespültes Warsteiner). Meine immer noch etwas zugeschwollene Nase öffnet sich durch den Gushu-Effekt weit und ich trinke glücklich lächelnd einen Aufguss nach dem nächsten.
Die feuchten Blätter sehen richtig schön intakt, robust und "gesund" aus - denen glaubt man gerne, dass sie aus einem intakten Ökosystem und sorgfältiger Verarbeitung kommen.
Wie war das noch gleich? Jingmai finde ich langweilig und besonders grünlich produzierte Sheng mag ich nicht? Dieser Tee geht in beiderlei Hinsicht entgegen meiner üblichen Vorurteile. Leider ist der Tee mit 65€ / Bing teurer als die typischen Tees von Bannacha. Aber dieser Quelle traue ich, dass auch wirklich Gushu drin ist - und dafür ist der Tee ein Schnäppchen, oder?