@TimEck's Beratungs-Thread gestern hatte mich hinsichtlich meiner eigenen Keramikgefäße doch etwas neugierig gemacht - nachdem mir klar wurde, wie wenig ich eigentlich üer die Dinger weiss, denen ich meine Oolongs anvertraue. Hat mich dann die halbe Nacht gekostet - Siegelschrift dechiffrieren ... a pain in the ass, um es anglophon auszudrücken.
Mein Paris-Souvenir (der Gaiwan für Dancongs) war noch relativ simpel. Erst einmal die Gesamtansicht:
... und nochmals der Deckel:
Er fasst gut 150 ml (randvoll, ohne Tee), ist also etwas für größere Hände, wenn er halbwegs elegant bedient werden soll. Glücklicherweise habe ich Handschuhgröße 9 ... Die nette ältere Dame, die ihn mir verkaufte, hatte mir bedeutet, er sei speziell für die Verwendung mit Fenghuang Oolongs gedacht - einleuchtend und auch angebracht angesichts des Reliefs auf dem Deckel, Phönix (Fenghuang) und (schwarzer?) Drache (Wulong). Jedenfalls hatte ich ihr eigenartiges Französisch in dieser Richtung interpretiert. Woraus ich dann messerscharf auf die Herkunft Chaozhou geschlossen hatte, was sich als falsch herausstellte. Die Marke stellte sich als simples 中华宜興 (China Yixing) heraus. Yixing also, vermutlich während der Kulturrevolution 1966 - 1976 produziert. Wie ich dann später herausfand, nachdem ich die zweite Marke entziffert hatte. Doch zunächst die Vorstellung deren Trägerin:
Fassungsvermögen 125 ml (ebenfalls randvoll und ohne Tee). Gießt dank Halbkugelsieb und exakt gearbeiter Tülle gut ab. Sehr dünne Wandung.
Das Kännchen war über Taiwan importiert worden und das Keramikfiltersieb ist auch eher unüblich für Yixing - deswegen meine Vermutung hinsichtlich Herkunft Taiwan.
Die Marke erzählt freilich eine andere Geschichte. Nachdem ich mit einigem Zeitaufwand die Siegelschrift mit 荆溪惠孟臣制 (jing xi hui meng cheng zhi) entziffert hatte, stieß ich recht schnell per Google auf diesen recht instruktiven Post von Kyarazen auf Teachat: https://www.teachat.com/viewtopic.php?f=87&t=20655#p275502 - von dem ich allerdings als Yixing-Noob etliches nicht verstehe. Was beispielsweise zur Hölle ist ein " 4-leg seal "?
Das Kännchen war beim Kauf unbenutzt und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es noch mit DM bezahlt habe - dass es also vor 1990 produziert wurde. Vielleicht gibt es ja hier den einen oder anderen Yixing-Aficionado mit einer privaten Fachbibliothek, der ich mich aufklären kann, ob ich das Kännchen eigens in meinem Testament erwähnen sollte, bevor es mein Sohn irgendwann für 10 Euro auf einem Flohmarkt verramscht und mich damit in meiner letzten Ruhestätte zum Rotieren bringt ...
Beide Gefäße haben übrigens durch den Gebrauch einen schönen Oberflächenglanz entwickelt, was sich insbesondere beim direkten Vergleich mit den deutlich stumpferen Deckeln und der Gaiwan-Untertasse zeigt. Leider ist das auf den Fotos nicht zu erkennen.
Bleibt mir nur noch, Euch einen schönen Tag und einen leckeren Tee in der Tasse zu wünschen - für mich begann der Tag mit einem Tai Mu Long Zhu und was jetzt folgt, dürfte klar sein: ein Da Hong Pao, in dem gerade vorgestellten Kännchen gebraut.
_()_