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Karigane Hōjicha Kōetsu von Ryūōen


seika

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Hōjicha fristen (bei mir zumindest) neben ihren Gruentee-Bruedern und Schwestern oft ein Schattedasein. Eigentlich zu unrecht, wie der Karigane Hōjicha Kōetsu von Ryūōen beweist. Neben ein paar Worten zu diesem wirklich aussergewoehnlich guten Tee, moechte ich auch etwas zu den verwendeten Utensilien erzaehlen. Fuer den Kōetsu habe ich eine Kyusu aus Porzellan von Yazaemon-gama und einen Becher aus Steinzeug von Maruo-yaki ausgewaehlt. Porzellan trifft auf Steinzeug, kann das gutgehen? Ich meine ja. Denn wie heisst es so schoen, Gegensaetze ziehen sich an und Gemeinsamkeiten verbinden.



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Zu erst aber ein paar Worte zum Tee, den diese hat er mehr als verdient.



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Der Kōetsu besteht zum Grossteil aus Stengeln, die, wie der Name vermuten laesst, aus der Premium Sencha und/oder Gyokuro-Produktion stammen. Die trockenen Blaetter verstroemen intensive wuerzige Roestaromen, die sich nach dem Aufgiessen mit kochend heissem Wasser im ganzen Zimmer ausbreiten. Erinnert von der Intensitaet her fast ein wenig an frisch gebruehten Kaffee.



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Die Bernsteinfarbe des Tees harmoniert meiner Meinung nach sehr schoen mit der des Bechers.



Im Mund zeigt er dann, warum Karigane drauf steht; anders, als die wuerzigen Roestaromen es vielleicht vermuten lassen, schmeckt er doch eher mild ohne aber dabei zu flach zu sein. Gepaart wird das Ganze mit einer Suesse im Abgang. An sich bin ich kein Freund von Superlativen, und ob es der beste Hōjicha ist, den ich je getrunken habe, mag ich nicht beurteilen. Dieser Tee hat mich aber absolut begeistert. Daran werden sich kuenftig andere Hōjicha messen lassen meussen. Und die Latte liegt verdammt hoch.



Ein paar kuze Infos zur Zubereitung noch:


1. Aufguss: 2,5g auf 150ml 90℃ und 30sek.


2. Aufguss 90℃ und 1min



So, nun aber zurueck zu den verwendeten Keramiken. Einen Reiz dieser Kombination machen fuer mich die aus den Materialien resultierende unterschiedliche Optik und Haptik aus: das kuehle glatte weisse Porzellan der Kyusu und das warme rauhe erdenfarbene Steinzeug. Hier zeigt sich aber bereits eine gestalterische Gemeinsamkeit, naemlich die Verwendung unterschiedlicher Glasuren, so ist der Deckel der Kyusu mit einer metallisch schimmernden Glasur ueberzogen, die sich samtig anfaesst. Beim Maruo Becher fand dieses Design-Element ebenfalls Anwendung: im Inneren und ein paar Zentimeter ueber den Rand fuehlt sich die Glasur glatt an, ist aber bei genauerem Betrachten poroeser als die des Porzellans. Der untere Teil des Beschers hingegen ist in einer rauhen Glasur gehalten, die sich wie Schmirgelpapier anfuehlt. Des weiteren sind zur Verziehrung bei beiden Linien eingeritzt worden. Auch in der Formsprache lassen sich Aehnlichkeiten finden.



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Daneben gibt es aber auch eine nicht-sichtbare tiefergehende Verbindung. Beide kommen naemlich aus Amakusa, genauer gesagt ihr Ausgangsmaterial. Sowohl das Kaolin als auch die von Maruo verwendete rote Erde kommen von der Insel. Seit gut hundert Jahren wird fuer Arita Porzellan hauptsaechlich Kaolin aus Amakusa verwendet. Begruendet ist dies einmal darin, dass die Kaolin-Vorkommen in Arita nahezu erschoepft sind, und eine Foerderung nicht mehr oekonomisch ist. Trotzdem wird fuer Prestigeprojekte auch weiterhin Kaolin aus Arita verwendet. In der fast 400 jaehrigen Geschichte der Porzellanherstellung Aritas wurde sprichwoertlich ein ganzer Berg zu Tellern und Tassen verarbeitet. Ein weiterer Grund ist, dass das Kaolin aus Amakusa von hoeherer Qualitaet (reiner) ist, was einen weisseren Scherben zur Folge hat.



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Trotz der modernen Designs koennen beide Manufakturen uebrigens auf eine ueber hundertjaehrige Historie zurueckblicken. Yazaemon-gama wurde 1804 in Arita (Saga Praefektur) gegruendet, und Maruo-yaki 1845 in Maruo-gaoka auf Amakusa (Kumamoto Praefektur).



Zum Abschluss noch ein Blick auf die nassen Blaetter


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Schöne Bilder, beneidenswertes Geschirr (die Kyusu kommt bei mir auf den zweiten Platz, da ist mir das schwarz/weiß ein wenig zu heftig - das wird aber in realiter ganz anders sein als auf dem Bild, der Becher ist mein Favorit), Hoijicha hab ich mal sehr oft getrunken - warum eigentlich nun nicht mehr?

Schöner runder Testbericht :thumbup:

Danke :)

Auf den Bildern kommt der Kontrast der Kyusu vermutlich haerter als ich ihn in realita empfinde. Der Koerper der Kyusu ist in einem mattem perlweiss gehalten und die Farbe des Deckels wuerde ich mit Graphit (Bleistiftmine) beschreiben. Durchzogen wird er von braunen Linien, die dem ganzen etwas warmes geben und dadurch den weiss/dunkelgrau Kontrast noch etwas abmildern.

Hojicha scheint nicht viele Freunde zu haben. Eigentlich schade.  -_- 

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  • 8 Monate später...

Die trockenen Blaetter verstroemen intensive wuerzige Roestaromen, die sich nach dem Aufgiessen mit kochend heissem Wasser im ganzen Zimmer ausbreiten. 

ganz genau so ging es uns beim Teezui auch! Der ganze Raum hat danach gerochen, und das obwohl er recht groß ist, eine hohe Decke hat und die Tür offen war!

Und auch sonst ein ganz toller Tee - ich war auch begeistert und bin froh dass ich ihn probieren konnte - der hat meinen gustatorischen Horizont wahrlich erweitert, ganz tolle Sache.

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@ miig und Paul



Es freut mich, dass euch der Tee begeistern konnte (und vor allem, dass er es noch rechtzeitig geschafft hat). Leider hat es mit dem handgeroesteten nicht geklappt, dafuer schlug ich einen Tag zu frueh im Laden auf. Den finde ich noch eine Spur delikater und/aber intensiver. (Vielleicht gar nicht verkehrt, diese Variante geschickt zu haben, scheint ja nicht jedem bekommen zu sein ;)) Aufgeschoben ist bekanntlich ja nicht aufgehoben. Vielleicht klappt auch es irgendwann noch mal. Bevor ich damit jetzt irgendwelche falschen Hoffnungen wecken sollte, so zeitnah werde ich samstags nicht in Kyoto sein. ;) Fuer die, die sich in japanischer Geographie nicht so gut auskennen, das sind etwa 750km von Kumamoto bis Kyoto. ^_^  


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