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Ku Zhu Shan "Ohrring-Tee" von 2012


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Zwei Teeverkostungen von Chashifu Tees an einem Tag? Zufall!

Nope - aller guten Dinge sind drei... ;)

Ku Zhu Shan "Ohrring-Tee" (2012):

Normalerweise würde ich einen Tee, v.a. einen etwas "schwierigen" Kandidaten, erst in mehreren Sessions kennenlernen wollen und ggf. unter Veränderung einiger Parameter (Teemenge, Wassertemperatur, Ziehzeiten, evtl. Wasserart) austesten, bevor ich davon berichte, aber in diesem Fall handelt es sich um meine erste Begegnung mit diesem spannenden Tee (von Chashifu). Ich finde ja gerne auch Tees "off the beaten track" sehr interessant und dieser Tee ist schon optisch auffallend. Zur Verarbeitung usw. hat Chashifu einen guten Überblick geschrieben, ich verweise auf seinen Text.

Der Duft des trockenen Tees erinnert an einen Holzkohlengrill oder ans Kaminzimmer im Winter. Nicht verwunderlich, da dieser Tee über dem offenen Feuer getrocknet wurde. Auch nicht unangenehm, aber es ist nicht leicht, weitere Duft-Nuancen des Tees hinter diesem rauchigen Vordergrund zu erschnuppern. Eingefüllt in die vorgewärmte Gaiwan ändert sich dies schon etwas nach kurzer Zeit, eine gewisse fruchtige Note entwickelt sich, daneben riecht es nach Schinken ;)

Das trockene Blattgut, die kleinen "Ohrringe" sind gelblich-braun, die vielen Härchen schimmern silbrig oder - je nach Lichteinfall - golden, erinnert an Bienen. Ringdurchmesser um 5mm. Ich habe übrigens zwischen den Ohrringen ein Katzenhaar gefunden ;) Kann man vielleicht auf dem Bild (#7) erkennen. Yep, dieser Tee ist sehr ursprünglich und rustikal.

Aufgrund der ungewöhnlichen Form des Tees habe ich mich für die Nutzung eines Glasgaiwan entschieden, um das Entrollen der Blätter gut beobachten zu können. Volumen gut 100ml, 5g Tee. Wassertemperatur nur geschätzt um die 90°C bis 96°C. Der Tee ist zwar gerade anfangs trüb, aber bei der Tasse handelt es sich um ein Unikat eines japanischen Künstlers, die Glasur ist innen etwas ungleichmäßig dick (gewollt, sehr "wabi-sabi") und erscheint fleckig. Ich weiß nicht, ob es bei den Bildern stört, daher wollte ich es sicherheitshalber erwähnen.

Beim Waschen zeigt sich das Waschwasser dann auch "scummy", schaumig. Ich war auch zunächst am überlegen, wie am besten waschen und habe mich für 2x sehr kurz mit wenig "kaltem" Wasser und dann nochmal kurz mit heißem Wasser entschieden.

1. Aufguss: 20sec. Gelblich und deutlich trüb, gegen das Licht gehalten sieht man viele Schwebstoffe unterschiedlicher Größe. Es bildet sich auch viel Schaum, den ich mit dem Deckel nach hinten schiebe. Der Geruch ist weiterhin rauchig, aber daneben auch leicht fruchtig. Der Geschmack ist herb und adstringent, verteilt sich gut im Mund.

2. Aufguss: ca. 20sec. Die Farbe intensiviert sich und die Trübung nimmt ab. Olfaktorisch sind Dörrobstaromen deutlich vorhanden, daneben reifes Getreide und Stroh - "strohig" wird meist perjorativ aufgefasst, ist aber wirklich nicht so gemeint. Gutes frisches Stroh riecht sehr gut und komplex! Weiterhin herb und adstringent, reicht tief in den Rachen herein.

Die nassen Blätter, die Ohrringe entrollen sich immer mehr, zeigen nun eine mehr homogene und grünlichere Farbe.

3. Aufguss: ca. 30sec. Der rauchige Geruch und die Trübung sowie Schaumbildung nehmen sukzessive ab.

Auffallend ist das mouth-feeling und die Verteilung des Geschmacks im Mund, sehr haftend auch. Wegen der Adstringenz ist es schwierig, den Geschmack in all seinen Nuancen zu identifizieren.

Die Assoziationen, die ich beim Riechen und Schmecken habe, sind alle zunächst einmal "erhitzt" - rauchig, Dörrobst, Gebackenes (Pflaumenkuchen, fruit cakes), frisch geerntete Getreidefelder in Sommerhitze (ja, ich wohne ländlich, aber es stammt vom Tee), Teriyaki,... aber man erahnt und spürt, dass da mehr ist. A whole complex aroma-sprectrum is lurking... Wie so oft zeigt sich das Spektrum erst im Duft, der Geschmack entwickelt sich langsamer.

4. Aufguss: ca. 35sec.

5. Aufguss: ca. 45-50sec. Hell gelblicher Aufguss. Duft obst-ig, ja sogar süßlich fast in Richtung Parfüm. Im Geschmack auch etwas säuerlich. Ich finde die Wirkung interessant und das mouth-feeling.

6. Aufguss: ca. 60sec. Das süßliche kommt zum Vorschein, daneben weiterhin die adstringierende Wirkung. Der Tee wirkt übrigens etwas schweißtreibend.

7. Aufguss: ca. 75sec. Rund und das Geschmacksspektrum verschiebt sich weiter in süßlichere Richtungen. Komplex.

8. Aufguss: ca. 100sec: Ich bleibe dran und ergänze ggf. noch...

Die Fotos zeigen die Aufgüsse 1 bis 6 in der richtigen Reihenfolge.

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War mir erst nicht sicher, ob ich Preisangaben hier öffentlich schreiben sollte, wurde aber jetzt dazu ermuntert. Ich hoffe also, es ist OK. Der Tee kostete - wenn ich mich nicht schwer vertue - €10/50g und der Versandanteil für alles zusammen lag bei €8. Ich hatte noch einige andere Tees bestellt, aber das Päckchen war nicht groß/schwer. Es war so ca. 3 Wochen unterwegs, glaube ich.


Bearbeitet von seti17
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Dao, vielen Dank!

Das macht einen erst mal bewusst wie filigran bei der Herstellung des Tees scheinbar gearbeitet wird.
Warum wird den eigentlich in diese Form gerollt? Bringt das geschmacklich Vorteile?

Gute Frage! Weswegen der Tee in "Ohrringe" verarbeitet wird, weiß ich nicht - ob eine bestimmte Intention dahintersteht oder ob es sich lediglich aus anderweitigen Gründen so entwickelt hat. Aber der Tee ist doch ein Hingucker deswegen. Allein schon das Erscheinungsbild demonstriert eindrucksvoll, wie aufwändig die Verarbeitung ist. Schließlich muss jede einzelne Knospe mithilfe eine Stäbchens aufgerollt werden. Den geübten Spezialisten geht das zwar flott von der Hand, aber einen Haufen Knospen so zu verarbeiten ist eine Menge Arbeit!

Es wäre möglich, dass durch das Zusammenrollen das Innere der Knospe geschützt ist, die jungen Blätter sind ja noch an der Mittellinie zusammengeklappt. Dadurch, dass sich der Tee dann im Laufe der Aufgussabfolge immer weiter entrollt und diese Anteile immer weiter exponiert werden, könnten sich andere Anteile des Geschmacksprofils darstellen und entwickeln, wenn deine Vermutung zutrifft. Die Abnahme der Rauchigkeit und Adstringenz hängen damit m.M.n. weniger zusammen, aber ich denke, das meinst du auch nicht.

Ich bin neugierig, wie er sich entwickelt; noch dominiert das Herbe stark und überlagert andere Nuancen und die süßeren Anteile sind noch nicht so ausdifferenziert, aber der Tee ist auch gerade mal 2 Jahre alt.

Übrigens hatte ich noch einen 9. und 10. Aufguss, mit jeweils 2 bzw. 3min Ziehzeit, da war die Luft aber dann ziemlich raus.

´

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Am 8.8.2014 um 08:17 schrieb seti17:

Gute Frage! Weswegen der Tee in "Ohrringe" verarbeitet wird, weiß ich nicht

ich auch nicht, aber ich versuch die gute Dame zu erreichen, hoffentlich hat sie ein Telefon ich schau meine Kontaktliste durch.

Herstellung ist echt etwas aufwendig, hier ein paar Eindrücke:

pinterest.com/chashifu/ohrring-knospen-tee-vom-kuzhu-berg-in-jinggu/

Hut ab Seti für diesen detailierten Einblick in diesen "schwierigen" Tee - nochmal 2 Jahre und er schmeckt weniger wild, dein Wort Schinken triffts ohnehin am Besten, zumindest im 2 Jahre Stadium!

Gefällt mir sehr gut und die Idee mit dem Lineal wird bei nächster Gelegenheit übernommen :)

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Mann muss auch deutlich unterscheiden zwischem dem primär Rauchigen, welches sozusagen "außen" auf dem Tee aufliegt und nicht zum eigentlichen Aroma des Tees gehört und den herben, adstringenten Noten, die bei einem solch jungem Tee zu erwarten sind. Ich bin überzeugt, dass der in ein paar Jahren sich ganz anders präsentiert, das Potential ist da - es sind auch schon süßere, milde Nuancen angelegt und diskret im Hintergrund vorhanden, aber noch nicht ausdifferenziert und werden eben noch von den ruppigen, herben Vertretern verdrängt. Ich kann zwar nicht auf eine Erfahrung mit mehreren Dutzend solcher Tees zurückgreifen, aber das merkt man schon.



Möchte mich auch für das Feedback und Hinweise bedanken, ich freue mich darüber und es ist nützlich, da man nur für sich selbst doch ein wenig zu schreiben gewohnt ist.


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