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Bancha Goishicha


seti17

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Bancha Goishicha (Furyu Tea Shop via Yunomi.us)



Eigentlich ist es nahe liegend, dass es in Japan auch einen fermentierten Tee gibt, stellen doch fermentierte Lebensmittel wie Miso, Shoyu oder diverse Tsukemono (z.B. aus dem Nuka-Bett) wichtige Elemente der japanischen Küche dar. Der "japanische Pu-erh", Bancha Goishicha, ist ein solcher fermentierter Tee, und ich möchte hier von meinen Erfahrungen berichten.



Es hat mir etwas Kopfzerbrechen bereitet, in welches Unterforum ich den Beitrag einstellen sollte - ein Tee aus Japan, auf der Basis von Bancha, allerdings fermentiert, dazu noch eine ungewöhnliche Form... :blink:



Ich stelle hier v.a. Exzerpte aus meinem Teadiary zum o.g. Tee Goishicha 碁石茶 vor. Da ich englische Einstellungen in einer Vielzahl von Computeranwendungen bevorzuge habe ich erst (viel zu) spät entdeckt, dass z.B. luke auf seinem Blog eine recht ausführliche Verkostung stehen hat. Daher halte ich es für redundant, hier meine gesamten Notizen und Rechercheergebnisse vorzustellen. Ich erlaube mir, mal den Blog zu verlinken: http://blog.teekeramik.com/2014/01/japanischer-pu-erh-go-ishi-cha.html Natürlich gibt es noch diverse andere Seiten im Netz, die sich mit diesem interessanten Tee beschäftigen. Da ein "forumsinterner Teefreund" bereits früher einen Text zu Ursprung und Herstellung des Goishicha verfasst hat, der inhaltlich meinem eigenen sehr ähnelt, erspare ich mir die tw. Übersetzung :P und verweise auf luke's Einführung.



*** *** ***



Goishicha ("Go-(Spiel-)Stein-Tee") wird aus Bancha hergestellt, der u.a. milchsauer fermentiert wird. Er stammt aus der Präfektur Kochi (高知県) und wird bei der Herstellung in kleine Rechtecke geschnitten; diesem Aussehen verdankt der Tee seinen Namen.



*** *** ***



Ich hatte - trotz des etwas ungünstigeren Preises auf das Gewicht bezogen - nur einige Gramm des Tees zum Ausprobieren bei Yunomi.us mitbestellt. 20g Tee kosten um die $18, es gibt auch geringere Mengen. Auf der Tüte ist ein Inhalt von "ca. 2g" angegeben, beim Wiegen stellt sich heraus, dass das Stück 3.7g wiegt :) (Bild #3)



Normalerweise wird bei einer Zubereitung in einer Kyusu ein Stück Goichicha auf 350ml Wasser verwendet. Meine Vorgehensweise hatte ich folgendermaßen geplant: das Stück zu zerteilen und einen Teil mit entsprechend weniger Wasser in der Kyusu aufzubrühen und den (kleineren) Rest mit Reis zusammen zu kochen. Goishicha wurde nämlich ursprünglich auch zur Zubereitung von Chagayu verwendet. Chagayu ist O-kayu mit Tee statt Wasser zubereitet; Okayu ist die japanische Variante von "Rice-Congee", Porridge aus Reis, eine Art Reisschleim. Okayu ist typische Krankenkost, ähnlich wie hierzulande Haferschleim. In Form von Nanakusagayu (Okayu mit 7 Kräutern) wird es v.a. nach Neujahr gegessen, damit der Magen sich von der Völlerei zum Jahreswechsel erholen kann ;) Da es aber wie sonst auch ein normales (japanisches) Essen geben soll, beschließe ich, den Reis auf gewöhnliche Art und Weise, jedoch unter Zugabe des Goishicha, zuzubereiten. Japanische Reiskocher besitzen übrigens auch eine Okayu-Einstellung.



Außerdem kann man Goishicha wie diverse andere Tees auch á la Senjiru (煎じる) zubereiten: in einen Topf mit Wasser geben, aufkochen und etwas simmern lassen. Nach Yunomi.us kommen dafür 2 bis 3 Teestücke auf 2l Wasser.



Der Tee ist von dunkelbrauner Farbe mit deutlich erkennbaren Blattadern (Bild #4). Von der Seite erkennt man gut die Schichtung, sie erinnert an Blätterteig. Das Stück auf dem Foto ist ca. 6cm lang und ca. 4 bis 5mm dick; wie erwähnt wiegt es 3.7g. Die frischen Schnittkanten der Blattstiele sind heller, senffarben. Der Duft des Tees ist schwer zu beschreiben und am Stück selbst nur diskret wahrzunehmen. Er ist würzig, als Komponente tritt Lakritze hervor.



Chagayu mit Goishicha:



Ich habe ein Go japanischen Akitakomachi-Reis normal gekocht, also als Reisbeilage zu einem japanischen Essen zubereitet. Der Reis wurde wie gewohnt sorgfältig gewaschen, ruhen gelassen und im Reiskocher gegart; das Goishicha-Stück wurde dazugelegt. Der Reis ist nach dem Kochen leicht bräunlich gefärbt (vgl. Bild #2, ist unter sehr ungünstigen Lichtverhältnissen entstanden) und hat einen leichten "geräucherten" Duft. Beim Kosten hat er auch ein angenehmes Räucher-Aroma, der Geschmack ist allerdings nur sehr dezent wahrnehmbar. Chagayu wie auch Okayu werden mit einer größeren Menge Wasser zubereitet und bei der bei Yunomi.us angegebenen Dosierung von 1g auf 180ml Reis (= 1 Go (), die jap. Einheit zum Abmessen von Reis) kann ich mir nicht vorstellen, dass der Geschmack sehr ausgeprägt ist. Ich würde beim nächsten Mal den Tee beim Reiskochen höher dosieren.



Beim Kochen trennen sich die einzelnen Teeschichten, aber man kann den Tee leicht vollständig entfernen. Die dem Reis entnommenen nassen Blätter haben einen leichten Zitrusduft und eine süßliche Note, diese kann aber auch von dem stärkehaltigen Reis herrühren.



Goishicha als Tee aufgegossen:



Nach dem Abtrennen des kleinen Stücks welches in der Küche Verwendung fand wurde der Rest, der gut 2g wog, als Tee probiert. Ich habe dennoch einen entsprechend geringe Wassermenge verwendet und mich damit an die "Dosierung auf ein Stück Goishicha bezogen" gehalten.



Aufgegossen wurde jeweils mit ca. 200ml >95°C Wasser (türkisches Bergquellwasser).



1. Aufguss (4'30''): Der Aufguss ist dunkelgelb, leuchtend wie Bernstein. Der Duft ist betont zitrusartig, erinnert stark an Yuzu - toll, ich bin ein ausgemachter Yuzu-Fan. Auf der Yunomi-Seite wird vorgeschlagen, den Tee kalt zu trinken, weil er sehr sauer sei. Er ist sauer, das stimmt, aber nicht untrinkbar im heißen Zustand. Er schmeckt nach Zitrone(ntee) und noch etwas unreifen Pflaumen, gerade auch das Gefühl des "Zusammenziehens" im Mund gleicht der Reaktion beim Hineinbeißen in saure, noch zu feste Früchte. Ein wenig erinnert der Tee auch an Kombu-Dashi und ganz leicht im Hintergrund an diverse säuerliche Gemüse-Tsukemono. Stelle ich mir im Sommer warm sehr erfrischend vor!



Die nassen Blätter riechen zitronig, lassen aber auch olfaktorische Assoziationen zu fermentierten Zutaten wie Miso und Tsukemono sowie - ganz entfernt- an frischen Pilzen aufkommen.



2. Aufguss (4'30''): Farbe, Duft und Geschmack ähneln dem 1. Aufguss. (Bild #1)



3. Aufguss (~5'20''): Der Duft des nassen Blattgutes verschiebt sich vom Zitrusaroma mehr zum Duft frischer Pilze (Champignon) und Algen, aber nicht modrig oder nach Kellergewölbe. Auch geschmacklich ist er nicht ganz so zitrus-sauer wie zu Beginn. Insgesamt verändert er sich aber nur in recht geringem Maße über die ersten drei Aufgüsse.



4. Aufguss (6'00''): Von Duft und Geschmack her lässt er jetzt deutlich nach. Farblich merkt man übrigens keinen großen Unterschied.



Das nasse Blattgut (Bild #5) zeigt schöne, große und intakte Blätter (teils eben mit scharfen Kanten vom Zuschneiden der Rechtecke). Gut zu erkennen sind die feinen Blattadern. Die Teeblätter scheinen wirklich sorgfältig ausgelegt worden zu sein bei der Herstellung, denn zusammengefaltete Blätter sind nicht auszumachen.




Fazit: Ich war neugierig auf diesen ungewöhnlichen Tee, seine Geschichte, Herstellung und Zubereitung. Klar, gerade ungewöhnliche Tees probiere ich zwischendurch gern. Der "japanische Pu-erh" hat aber nur wenig Parallelen mit Pu-erh*, gerade was die Zubereitung und den Geschmack bzw. die Entwicklung unterschiedlicher Nuancen angeht. Dies habe ich aber auch nicht erwartet; auf eine unbestimmte, schwer zu bestimmende Art hat der Goishicha etwas "typisch Japanisches".



* Pu-erh ist natürlich ein so weites, riesiges Feld, dass man wohl kaum von "dem" Pu-erh sprechen kann, aber das ist ein ganz anderes Thema ;)



Sehr interessant ist, wie unterschiedlich sich der Tee präsentiert: trocken riecht er würzig nach Lakritze, im Reis präsentierter er einen feinen Räuchergeschmack, als Aufguss v.a. zitronig.



Zu sauer fand ich ihn nicht, v.a. wenn man bedenkt, dass ich bei diesem Versuch eine relativ große Menge an Tee genutzt habe. Ich habe die restlichen Stücke noch nicht ausgewogen, evtl. handelt es sich bei diesem Stück um einen Ausreißer, der fast das Doppelte des angegebenen Gewichts auf die Waage brachte. Außerdem beziehen sich die Dosierungsangaben nur auf diejenigen von Yunomi.us, möglicherweise weichen andere Anbieter davon ab. Geschmacklich gleicht er selbstverständlich kaum einem der geläufigeren Tees aus Japan. Richtig gekühlt habe ich ihn bislang noch nicht probiert, aber er lässt sich auch gut heiß oder warm trinken.




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Lieber seti, vielen Dank für diesen tollen, überaus liebevoll geschriebenen Artikel!


Der Vollständigkeit halber sei erwähnt dass Luke den Artikel auch hier erwähnt hat: http://www.teetalk.de/topic/1865-postfermentierter-tee-aus-japan-go-ishi-cha/



Hab auch noch einen solchen Tee hier liegen, werde bei Gelegenheit meine Eindrücke dazu schreiben.. kann aber noch ein bisschen dauern... in jedem Fall bekommst du die silberne Miigdaille für diesen schönen Bericht :)


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