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Nannuo Raw Puerh Cake 2007


Tobias82

Empfohlene Beiträge

Hallo zusammen,



normalerweise bin ich kein Freund von Verkostungsberichten, die Aufguss für Aufguss abarbeiten. Der Gesamteindruck, den ein bestimmter


Tee über viele Aufgüsse hinweg hervorruft gefällt mir sehr. Die kräftigen ersten 4 Tassen, dann eine schöne Mittelpartie mit den vollen und reifen Noten und der lange, fast schon süsse Ausklang, dass machen für mich schöne pu´erh aus. Dann kann so eine Session schon mal


15 und mehr Aufgüsse haben. Der Rhythmus wird dabei von Wohlgeschmack, der Freude über Aromen und der jeweiligen Tagesform bestimmt. Nicht bei diesem Tee...



Wenn ich mir nach der zweiten Tasse bereits die Frage stelle, ob eine dritte jetzt schon unbedingt sein muss, gibt mir das zu denken!



Die Probe stammt von dem Chawang-Teashop und ist eine nette Dreingabe einer Bestellung die eigentlich den Dunkeltees (Heicha) gewidmet war. Der erste Geruchseindruck ist sehr angenehm. Volle, reife Aromen, Süsse wie Honig aber auch Kräuter und Nadelwald... Die Blätter sind schön anzusehen: eine bunte Mischung, aus meiner Sicht keine Sortierung und spezielle Blattgrade. Von feinen Tips und jungen Sprossen über viele reife Blätter, bis hin zu den langstieligen, leicht gelblichen, alten Blättern. Diese Kombination lässt mich mal auf eine wilde Pflückung schließen, da fast alle der Blätter noch intakt sind und die vielen Blattgrade gegen eine Plantage sprechen. Bis dahin alles sehr erfreulich, deshalb habe ich mir auch gleich ein Kännchen aufgesetzt.



Was diesen Tees von allen anderen jungen sheng, die ich bisher getrunken habe, unterscheidet, ist die Tatsache, dass ich mich nach den ersten 4 Aufgüssen (den trinke ich gerade) bereits "satt", fast ein bisschen überfordert fühle. Die Kraft, die dieser Tee vermittelt drückt mich regelrecht in die Couch. Nicht dieses heftige, nervöse flliren, wenn doch zu viel Koffein im letzten der 5 Kaffee war, nein, dicht, schwer, aber auch zufrieden (...und dass nach 3Aufgüssen).



Nach einem langen Teetag kann es schon mal sein, dass vier und mehr Tees über die Wage in die Kanne gewandert sind, was bei mir immer auch eine gewisse Verwirrung hinterlässt... viele Aromen, Richtungen, Unterschiede... von Schlichtheit und Geradlinigkeit keine Spur... gerade freue ich mich, diesen Tee noch viele Male aufbrühen zu können, und einen netten, wenn auch schweren Begleiter über den weiteren Tag zu haben. 



Dies ist kein Plädoyer zum Thema "Pu´erh muss kicken", aber ein guter Beleg für die Kraft und Tiefe, die in den Teebäumen steckt.



Tobias


Bearbeitet von Tobias82
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Hallo Tobias



Mir gefällt dein starker Fokus auf die persönliche Wirkung.


Das liest sich gut.



Da habe ich aber noch eine Frage dazu.


Könnte dieser Fokus evtl. auch der Natur des Pu's eher entsprechen?


Ist Pu eher ein "Wirkungstee", 


und bspw. Grüntee eher ein "(Geschmacks-)Entdeckertee"?


Ich meine das natürlich nicht ausschliesslich, sondern nur eine grundsätzliche Tendenz der Arten. Auch was ich hier im Forum schon "von der anderen Seite" gelesen habe; "Ich möchte einen Pu mit ordentlich wums!" oder so ähnlich - undenkbar, sowas über einen Grüntee zu sagen.



Kann da was dran sein, oder ist das alles Unsinn?


Bearbeitet von GoldenTurtle
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Jau - nach meinem Erlebnis von gestern (wird noch ein Blog-Eintrag draus) stimme ich völlig zu. Auch wenn ich ja schon (über) 15 Aufgüsse detailverliebt in die Breite getreten habe, war ich gestern sprachlos von einem Tee. Die Wirkung hat mich so abgelenkt, dass ich nur schwer was über Geschmack, Duft, Tassenfarbe sagen kann.  Und gerade das macht den Puer großartig und stellt diese große Faszination für mich dar ... Geschmack und Duft sind ja ganz schön, aber bei Puer gibt es eben so viel mehr.


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@Golden Turtle


Wirkungstee versus (Geschmacks-)Entdeckertee ;)


Lustige Idee, wenn ich da an meine Zeit als Matchatrinker denke (den hab ich damals alleine als Wirkungstee getrunken um länger arbeiten zu können); aber Schubladen sind nützlich um die Diskussion zu beleben. Man sollte halt immer wissen, daß es nur Krücken sind.



((Es gibt da bei Reiseliteraturliebhabern die Diskussion ob heterosexuelle Schriftsteller lieber über feuchte heiße Gebiete -  und homosexuelle Schriftsteller lieber über heiße trockene sandige Gebiete schreiben, und wenn die Kombattanten sich dann noch bei Arno Schmidts Theorie über Karl May auskennen wird der Abend bestimmt amüsant.))



@geroha


Ich lese gerne,  mit Genuß und mit Belehrung Deine "detailverliebten" 15 Aufgüsse Sitzungen, nur weiter so, freue mich schon auf Deinen nächsten Blogeintrag. Aber Du wirst zugeben, manchmal ist es auch kurz und knackig nett.



Zum Wumms:


Ich bin ja einer der wenigen bekennenden Shu-Trinker und da gibt es einige ruppige Burschen unter den shu´s; aber Ruppig und Wumm heißt nicht gleich Dumm (eindimensional) sondern Wumm mit Hintergrund und Vielschichtigkeit. Ein Beispiel?


Dein Auto bleibt liegen, ein Typ hält an, tätowiert ein Kreuz wie ein Bär hilft Dir bei der Wiederflottmachung, ihr geht ein Bier trinken und Du erfährst, daß er ein ausgewiesener Spezialist für Sappholieder ist und Pesoa liest - Das ist Wumms bei gutem Pu! ;)


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Hallo Golden Turtle,



mit dem Begriff "Wirkungstee" kann ich mich nicht so recht anfreunden. Da schwingt doch sehr viel Nutzen und Berechnung mit, Attribute, die meiner Meinung nach in der Teekultur nicht viel verloren haben. Das Tee sich (positiv) auf unseren Organismus auswirkt ist wohl unbestritten. An Tagen die sehr stressig waren und man das Gefühl hat, am Rande seiner Kräfte zu sein, mag ich dunkle Tees sehr gerne. Da kommt dann dieser belebende, wärmespendende Aspekt gut.



Der Tee von gestern (Nannuo Shan) hat, wenn wir dann mal bei dem Aspekt der Wirkung bleiben, eindeutig Maßstäbe gesetzt. Wie oben beschrieben, hat es nicht lange gedauert und die Wirkung war eindeutig da: heftige Stimulanz für den Kreislauf, der Magen war plötzlich am arbeiten und ein Gefühl der Ruhe waren nicht zu bestreiten. Ob ich das gut fand? Ja und nein, es kam so plötzlich und unvorbereitet, dass ich mir den nächsten Zeitpunkt gut überlegen sollte, den Tee ein weiteres Mal zu trinken.



Als jemand der gern alte Sheng trinkt, bin ich nicht ausschließlich auf Aromen und Düfte aus, muss aber sagen, dass der Geschmack eine wichtige Rolle spielt. Es geht dann weniger um Vielfalt und sonderlich ausgefallene Nuancen, aber die Tiefe und Kraft, die einen alten Sheng ausmachen, mag ich sehr. Ob sich dann die körperliche Wirkung von Geschmack und geistiger, innerer Erfahrung (gewahr werden) trennen lässt, kann ich nicht sagen. Diese Aspekte spielen wohl alle ineinander und machen dieses volle, runde Erlebnis aus, die pu´erh mit sich bringt.



Es spielt dann oft in Bereiche der Wahrnehmung und des Erlebens hinein, die mit Worten nicht so leicht zugänglich sind, die sich aber gemeinsam erfahren und teilen lassen.


Bearbeitet von Tobias82
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Sehr interessante, lesenswerte Antworten!



@Tobias: Natürlich hast du recht, es ist wie Paul sagt klar Schubladisierung.


Natürlich ist Pu gewiss viel mehr als das. Was ich meine ist bloss eine eventuell vorhandene Hauptausrichtung des Tees und/oder auch des Trinkers, oder auch nur dessen momentane Laune / Verlangen.


Darin verborgen gibt es aber gewiss ein weiter Facettenreichtum, der sich bestimmt auch oft kreuzt mit demjenigen anderer Arten, aber sich doch klar in der Hauptausrichtung von Grüntee und deren Trinkern oder mind. deren momentanten Laune / Verlangen unterscheidet.



@Paul: Bzgl. deiner gelinde perversen literarischen Ab-(/Aus)schweifung: Ist der erwähnte Arno Schmidt etwa derselbe Author, welchen Martin Walser in einem seiner Bücher zum Thema macht?!? Dessen Leser wird im Buch zum absoluten Fanatiker, und ja, ist tatsächlich ein schwühler Zeitgenosse. Dessen These bzgl. Karl May wäre gewiss einschätzbar.


Bearbeitet von GoldenTurtle
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Tatsächlich, das ist genau dieser!


Ich war beim Namen nicht mehr ganz sicher.


Ist schon ne Weile her.


Musste suchen, welches das war - "Muttersohn" war es.


Lesenswert. Kennst du?



Betr. Paulus Zitat, ach, sowas kann man doch nicht bringen als Rechtfertigung  :) das ist ja so schwierig und vielschichtig, wenn man das im Gesamtkontext sieht. Und vor allem, der lange, lange Weg dahin, der weit über Selbstkasteiung hinausgeht. Diese "Reinheit" suchen ja einige, wenn nicht alle ernsthaften Religionen. Ich habe schon übernatürliches erlebt, bin aber noch auf der Suche, wie all das Geschriebene konkret funktioniert, denn, wenn ein Glaube, dann muss das alles im Alltag richtig übernatürlich funktionieren! Und nicht dieser übliche passive-überhaupt-nichts-los-nur-viele-Pflichten-und-Verbote-Glaube wie in eigentlich so ziemlich allen Religionen/Kirchen. Aber das sind doch alles Sesselpupser, nicht? Wenn ich Gott wäre, würde ich da wahrsch. auch nicht mitmachen. Das gefällt mir eben an der Bibel (das predigen die in den Kirchen aber nicht, weil sie das Resultat nicht liefern können!), dass man nicht irgendwelche Lehren von jmd glauben soll, sondern nur, wenn Gott diese übernatürlich bestätigt. Steht im 1. Korinther 2.



Back to topic, sorry bin etwas abgeschweift.


Bearbeitet von GoldenTurtle
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Nannuo Raw Puerh Cake 2007 scheint ein verdammt interessanter Tee zu sein - den würde ich gerne mal probieren!



Er hat uns direkt in eine äußerst kniffelige literarische/theologische Diskussion gebracht.


Damit wir keinen Ärger mit den Moderatoren bekommen schlage ich vor einen neue Abteilung aufzumachen: T(h)eeoologische Fragen und Antworten ? :)


Ich möchte aber darauf hinweisen, daß meine Großmutter immer sagte: "Religion, Politik, Krankheiten - darüber redet man nicht; red über das Wetter, da kannst Du nichts falsch machen!"

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Ist schon ein sensibles Thema und wird schnell sehr persönlich, nichts für einen schnellen post zwischendurch. Unnötige Regeln und Pflichten gibt es genug... an der richtigen Stelle können diese aber auch Stütze und Orientierung sein... Der Mensch zur Freiheit berufen?!? vielleicht doch an anderer Stelle noch mal aufrollen...



Tasse Tee? :D


Bearbeitet von Tobias82
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