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Jingmai 2012 Gushu und drei Bildmeditationen


Paul

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Ab und an tauchten in den verschiedensten Verkostungsberichten Bilder auf, mit denen die Verfasser subtile Geschmacksnuancen zu beschreiben suchten.

Nun gehen wir mal noch einen Schritt weiter und zitieren vollständige Bilder hauptsächlich aus der niederländischen Malerei des 17. Jhd. als Beschreibung von Geschmackseindrücken die beim Verkosten eines jungen Sheng aus Jingmai entstanden.

Betrachtet es als kleine intellektuelle/visuelle Spielerei und seit nachsichtig mit dem Verfasser.

Auf dem Teetreffen 2014 bei mir gab es einen Sheng aus Jingmai von ChaShifu eine ordentliche Tüte voll großer Gushublätter nicht gepreßt. Sieben Gramm blieben bei mir, die ich nun verkostet habe:

1. Verkostung:

4,7 gr 100 ml Gaiwan, zwei mal waschen mit steigender Wasserthemperatur.

1.A. 20 s. Farbe: Gelb Duft: Himbeeren steigen in die Nase, Nüsse, Kastanien und beim Schließen der Augen nimmt ein Bild Gestalt an, das ich vor ewigen Zeiten mal sah: Jäger im Schnee von P. Bruegel d. Ä.

https://bildbeschreibungen.wordpress.com/2014/02/03/1155/

da ist das Durchgefrorensein, der arme räudige Fuchs als einzige Beute, die frierenden Hunde, die sich weitende Landschaft, die Freunde auf dem Eis - alles in den ersten Schlucken eines Tees aus dem fernen China - Spinnerei? Vielleicht, aber außerordentlich präsent, ich hätte das Bild in groben Zügen nachmalen können, aus einer Erinnerung, die ewig verschüttet war und durch diesen Tee geweckt wurde - merkwürdig.

 2.A. 30 s. der Duft eines Bauernhauses, Enge, Wärme, Geborgenheit und eine freundliche Süße im Abgang.

3.A. 90 s. stark, satt wie nach einem Schlachteessen, aber ohne die Schwere im Magen und die Leere im Kopf; eine gelassene Aufmerkssamkeit und Cornelis Lelienbergs Kücheninterieur mit geschlachtetem Schwein nimmt Gestalt an vor meinem inneren Auge: das Schwein, das Fett, die gestreifte Decke, das Feuer im Kamin.

Wenn ihr das Bild ganz sehen wollt müßt ihr schon nach kassel fahren, im Internet steht nur ein Ausschnitt - Schade

http://www.blindbild.com/kassel-gemaldegalerie-alte-meister-in-schloss-wilhelmshohe-2012/alte-meister-kassel-interieur-lelienbergh/

4. A. 2 min. voll groß stark für einen 2012 er verblüffend

Der Tee hielt 1200 ml ( 12 Aufgüsse durch) und brachte immer wieder Einzelheiten aus dem Bohnenfest von Steen:

der kl. König, der Trichter auf dem Kopf, der Hund, die Feier des Lebens

http://altemeister.museum-kassel.de/33852/36954/s/147/b1/0/0/objekt.html

Wer es nicht glaubt schaut sich die Bilder an (es klappt nur mit Originalen) und trinkt den Tee. mal sehn was passiert?

2. Verkostung

Ich hatte ja noch einen kleinen Rest ca 2,2 gr in eine 200 ml Kanne und gemütlich ziehen lassen so zwischen 2-3 min

Fazit: Er brachte Specknoten, Trauben und Süße, Kürbis und frisch gefeilte Eisenspäne samt Banane.

Die Ahnung von Geborgenheit und ein ganz zarter Oberton von Freude und Leichtigkeit - ein merkwürdiger Tee, zu dem man was essen muß, bei dieser Art der Zubereitung, sonst schlägt er ein wenig auf den Magen


Es gibt noch einen Faden den ChaShifu aufgemacht hat über Jingmai, da gibt es auch ein paar Informationen über den oben besprochenen Tee:

http://www.teetalk.de/topic/2702-pu-erh-tee-aus-jingmai-sehr-zug%C3%A4nglich-und-geballte-s%C3%BC%C3%9Fe/

Ich weiß nicht ob das so geht, falls nicht werfen die Moderatoren das bitte hier raus, ich wollte die ganzen Informationen über Jingmai nicht in meine Besprechung einbinden, das hätte doch dann zusehr nach dem Schmücken mit fremden Federn ausgesehen, aber auf die Infos mußte ich auch hinweisen - ein Dilemma :(

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Gefällt mir gut, die Sache mit den Bildern als Beschreibung der beim Tee erlebten Empfindungen! :)


Gero hat gewiss auch seine Freude, an Subjektivität ist wohl kaum noch eine Steigerung möglich. :D


Es ist zugegeben ein ganz eigener Stil unter den Teejournalisten, und das bringt wirklich eine schöne Abwechslung. :thumbup:


Bearbeitet von GoldenTurtle
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Ja es ist definitiv eine tolle Art, da ranzugehen. Auch weil das Teebereiten und -trinken ja in zwei Hinsichten ein schöpferischer Akt ist. Einmal genieße ich einen guten Tee, der von fähiger Hand geschaffen wurde, ähnlich wie ein gutes Kunstwerk, auf das das Selbe zutrifft.. Zugleich ist es ein schöpferischer, einzigartiger, unwiederholbarer schöpferischer Akt an sich, einen Tee zuzubereiten. Jeder wird etwas anderes rausholen, jede Teesitzung ist ein bisschen anders. Und dann verlangt das Teegenießen ja auch eine Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich hineinziehen zu lassen.



Ausserden ist es schön dass im weiteren Sinne assoziiert wird weil das über die isolierte, analytische Betrachtung einzelner Geschmacksnoten schön weit hinausführt auf den synthetischen, wenn nicht synästhetischen Ozean der von Gero betonten Subjektivität. Du schriebst ja schon öfter dass ein guter Tee für dich einer ist, der Geschichten erzählt - tolle Initiative uns daran teilhaben zu lassen. Schöner Post!


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