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Es war an einem lauen Abend, die Zikaden zirpten friedlich über den Weiten des südchinesischen Meeres, als die Maschine vom Himmel runterkam und unsanft die Wellen küsste. Leider war dieser Kuss nicht romantisch. Einige Minuten zuvor war schon nichts mehr zu machen, nachdem die hübsche, rothaarige Stewardesse den Tee brachte. Kapitän Krautwickel war vom Hinflug noch hundemüde und brauchte dringend einen muntermachenden Grüntee. Er wusste weder den Namen, noch dachte er, dass es mit ihr eine derart heisse Angelegenheit werden würde, als sie ihm während einer kleinen Turbulenz den brühenden Tee über seinen noch kaum stinkenden Kapitänsanzug verbeitete. Er sprang auf und brach dabei den einzigen Steuerknüppel dieser antiquierten Passagiermaschine ab. Raus, alle raus, rief sein Assistent, nachdem alle ihre Rettungsfallschirme angezogen hatten.

Der Kapitän ärgerte sich mehr denn je, dieser maroden Fluggesellschaft nicht längst die kalte Schulter gezeigt zu haben. Wie konnte es bloss sein, dass er gerade jetzt am Steuer der einzigen Maschine sass, die noch über kein zweites für den Copiloten verfügte. Copilot - dass er nicht lachte! Sein Assistent machte zwar viele Sachen, aber nichts, was ihm die Arbeit erleichterte. Einen richtigen Copiloten wollte sich die Airline wahrscheinlich einsparen und darum ist diese Maschine noch in Betrieb, dachte Krautwickel, aber die Maschine war bereits im Sinkflug und für weitere derartige Überlegungen blieb im Moment keine Zeit. Glücklicherweise flogen auf dem Rückflug von Kunming nach Kuala Lumpur nur eine verschwindend geringe Anzahl Passagiere mit, sonst hätten die wenigen Fallschirme an Bord nicht ausgereicht und eine Notwasserung hätte ins Auge gefasst werden müssen. Mit der alten Kiste, dachte Krautwickel, lieber nicht. Gut, ein Fallschirm zu wenig war es streng genommen, aber der Koch sass seit einer halben Stunde mit Verstopfung auf dem Klo und das passte gerade ziemlich gut. Selber Schuld, dachte Krautwickel, und Absprung.

Sie segelten, eigentlich wunderschön wenn sie die Musse gehabt hätten es zu geniessen, zu einer kleinen unbewohnten Insel hinunter, die sie zuvor ausgespäht hatten. Grössere Inseln und auch das Festland waren zwar vom Flugzeug aus noch in Sichtweite, aber es war der letztmögliche Moment, bevor der Absprung wegen der immer geringeren Distanz zum Boden zunehmend riskant wurde. Vor dem Absprung konnte sich der Assistent gerade noch die genauen Koordinaten der Insel notieren,  sie lauteten 5°57'44"N 102°40'57"E. Wie die Überlebenden erst viel später herausfinden sollten, hiess diese Insel Pulau Rawa, die damals noch in keiner Karte verzeichnet war.

Proviant für eine Weile hatten sie ausreichend, zumindest wenn sie die Kisten einholen konnten, die sie kurz vor dem Absprung aus dem Frachtraum warfen. Dass da einige Säcke einer seltsamen Art Grüntee mit herausfielen die eigentlich für einen von seinen Berufskollegen belächelten malaysischen Grosshändler bestimmt waren, störte gerade niemanden. Aber sie beteten, dass die Strömung die Proviantkisten nicht von der Insel wegtreiben würde. Sie hatten Glück. Krautwickel war der Erste, der mit militärischer Disziplin nach der Landung unverzüglich zum nordwestlichen Felsenstrand der Insel aufbrach und nach den Proviantkisten Ausschau hielt. Und da trieben sie gemütlich auf die einzelnen Felsklippen in der Brandung zu. Mit ihnen wurden auch die Teesäcke angespült, und auch wenn sie etwas durchnässt schienen, zog die Mannschaft diese ebenfalls an Land - schaden konnten sie ja nicht. Erschöpft von den nervlichen Anstrengungen legten sich an diesem Abend des 14. Septembers 1969 die zehnköpfige Mannschaft und die fünf weiteren Passagiere im inneren Teil der Insel unter dichten Bäumen geschützt zur Nachtruhe. Morgen sollte die Situation analysiert und beratschlag werden, was zu tun sei.

Ende des ersten Kapitels

 

Addendum

Für ihre Übersicht folgt eine Luftaufnahme der auch heute noch unbewohnten Insel im südchinesischen Meer.
Bitte lassen sie sich nicht irreleiten, diese Insel ist nicht diejenige, welche unter dem gleichen Namen auf den Suchmaschinen gefunden werden kann.

inselkarte.thumb.jpg.cb6e5b88905e19c82288fa4afa0a4c6f.jpg

Satellitenbild-Quelle

Bearbeitet von GoldenTurtle
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vor 20 Stunden schrieb GoldenTurtle:

Mit der alten Kiste, dachte Krautwickel, lieber nicht. Gut, ein Fallschirm zu wenig war es streng genommen, aber der Koch sass seit einer halben Stunde mit Verstopfung auf dem Klo und das passte gerade ziemlich gut. Selber Schuld, dachte Krautwickel, und Absprung.

9_9:D :P

 Und wann geht die Geschichte weiter ? O.o.o.O

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