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Benutzbarkeit antiker japanischer Wasserkessel (Chagama)


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Rost am bzw. im Wasserkessel ist eher ein ästhetisches als gesundheitliches Problem. Was den geschmacklichen Effekt einer geringfügigen Anreicherung des Teewassers mit Eisenoxid angeht, kann man geteilter Meinung sein. De gustibus non est disputandum ... Wobei bei zunehmendem Rost natürlich die Abgabe von Eisenoxid an das Wasser steigt und damit auch die geschmackliche Beeinflussung - und zwar in einen eher nachteiligen Bereich. Man sollte den Rost daher so gut es geht (idR geht es weniger gut, was den günstigen Preis gebrauchter, rostiger Kessel erklärt) entfernen. Was nun wieder ein Thema für sich ist ...

Persönlich bevorzuge ich zur Wasseraufbereitung geschmacksneutrales Material, d.h. Edelstahl oder Glas. Wenn man traditionelle Geräte bevorzugt, käme dann alternativ ein Keramikkessel (Jap. Bōfura oder Yuwakashi) in Frage. Was zwar nicht ganz so neutral ist wie die genannten modernen Materialien, aber in dieser Hinsicht in eine ganz andere Größenordnung als Eisen gehört. Keramikkessel sind daher im Senchadō an Stelle von Metallkesseln üblich. Es sei denn, Geld spielt keine Rolle - dann darf es natürlich auch eine Ginbin aus Silber oder Gold sein ...

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@SoGen: Vielen Dank für die schnelle Antwort. Meine Frage war leider auch nicht präzise genug gestellt.

Rost am Wasserkessel ist für mich ganz sicher kein ästhetisches Problem. Im Rahmen der Sabi-Ästhetik ist der Rost ja ein positiver Aspekt. Auch gesundheitlich habe ich keine Bedenken. Es ging mir lediglich um die Geschmackskomponente, aber da hast du mir ja die entscheidenen Informationen in deiner Antwort geliefert. Ich habe bisher auch immer zum Wasser erhitzen geschmacksneutrale Edelstahl Wasserkocher benutzt, aber in verschiedenen Teeblogs habe ich gelesen, dass ein im Eisen-Wasserkessel zubereiteter Gyokuro oder Kabusecha geschmacklich gewinnt. Ich denke ich werde mir halt mal so einen Wasserkessel zulegen und es selbst ausprobieren. Nur billig sind solche Chagama  - auch wenn sie schon angerostet sind - nicht gerade, unter 200 Euro habe ich da nix gesehen was mir zusagt. 

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vor einer Stunde schrieb Schizotwin:

in verschiedenen Teeblogs habe ich gelesen, dass ein im Eisen-Wasserkessel zubereiteter Gyokuro oder Kabusecha geschmacklich gewinnt.

Ja, das konnte man auch hier schon gelegentlich lesen, wenn ich mich recht erinnere. Scheint mir aber eine vorwiegend westliche Ansicht zu sein, deswegen mein Verweis auf die Senchadō - Tradition, in der man mit Gyokurō und Sencha (gehobener Qualität) 'arbeitet' und anders als im chadō mit Matcha Kontakt von Wasser / Tee und Metall (zumindest Nicht-Edelmetall; goldene oder silberne Kessel sind begreiflicherweise extreme Ausnahmen) sorgfältig vermeidet.

Wobei 'Tradition' natürlich kein Argument gegen persönliche Geschmacksurteile ist - die will ich niemandem ausreden. Ich bin nun nicht so traditionsverhaftet, dass ich auf die Annehmlichkeit eines elektrischen Wasserkessels verzichten würde - andererseits wäre mir Wasseraufbereitung für Blatt-tee mit einem kama einen Tick zu eklektisch.

vor 1 Stunde schrieb Schizotwin:

Im Rahmen der Sabi-Ästhetik ist der Rost ja ein positiver Aspekt.

Schwieriges Thema, zumal ich selbst keine chadō - Schulung habe und dazu nichts definitives sagen kann. Habe da einen Teebruder in der Urasenke, den ich bei Gelegenheit mal dazu fragen werde. Im Moment so viel dazu, dass es da wohl (nicht zuletzt im Hinblick auf das wabi) wie auch beim Geschmack auf die Dosis ankommt, man sollte da nicht übertreiben. Ich muss da an den spöttischen Tadel denken, den Sokrates seinem Schüler Antisthenes gab: Mein Freund, durch die Löcher deines Mantels lugt die Eitelkeit.

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vor 1 Stunde schrieb SoGen:

Schwieriges Thema, zumal ich selbst keine chadō - Schulung habe und dazu nichts definitives sagen kann. Habe da einen Teebruder in der Urasenke, den ich bei Gelegenheit mal dazu fragen werde. Im Moment so viel dazu, dass es da wohl (nicht zuletzt im Hinblick auf das wabi) wie auch beim Geschmack auf die Dosis ankommt, man sollte da nicht übertreiben. Ich muss da an den spöttischen Tadel denken, den Sokrates seinem Schüler Antisthenes gab: Mein Freund, durch die Löcher deines Mantels lugt die Eitelkeit.

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Ich habe auch keine chado-Schulung und kümmere mich wenig um Tradtionen. Als bekennender schizophrener (nicht im pathologischen Sinne zu verstehen) Homo-Ludens sehe ich das Leben, die Ästhetik und natürlich auch die Zubereitung von Tee immer zuerst unter spielerischen Aspekt. Gott und Rikyu sind tot, alles ist erlaubt. Traditionen und Dogmen sind dazu da gebrochen und überwunden zu werden, was aber nicht heißt, dass ich sie ablehne oder gar zerstören will. Tradition und Innovation/Experiment stehen für mich gleichberechtigt nebeneinander, als Hedonist versuche ich meinen Genuß aus möglichst vielen Quellen zu speisen. Eine Teezeremonie mit strengen Regeln finde ich genauso interessant wie völlig unorthodoxe Methoden der Zubereitung. Wabi-Sabi-Ästhetik hat für mich zwar schon eher einen  stärkeren Reiz als eine perfekte cleane Ästhetik, aber oft finde ich auch Chrom- und Edelstahl-Design reizvoll. Und ja, Wabi-Sabi hat ne Menge mit Eitelkeit zu tun - na und?

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  • 2 Wochen später...

Tja, jetzt habe ich mir so einen japanischen Chagama aus der 1950er Jahren gekauft, aber das Problem bei dem Teil ist nicht Rost/Eisengeschmack, sondern ein muffiger Geschmack wie von Klamotten die zulange im Keller gelagert wurden. Hat jemand eine Idee wie man das wegbekommt? Ich habe das Ding schon innen mit der Scheuerbürste geschrubbt und auch 4 mal komplett gefüllt ausgekocht, aber dieser muffige Wassergeschmack ist hartnäckig. 

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@Schizotwin Ich würde draussen an der frischen Luft mal ordentlich Essig reinkippen, denn:

Zitat

Das Entrosten von Eisen als Reinigungsprozess

Andererseits wird aber auch das Entrosten von Blechen oder Eisenträgern und anderen Eisenprofilen immer wieder als Reinigen oder zumindest als Teilschritt davon bezeichnet. Das Umwandeln oder Entfernen von Rost kann also auch ein „Reinigen“ darstellen. Dazu müssen Sie dann auf entsprechende mechanische Techniken (das Schleifen, Polieren usw.) oder auf chemische Verfahren wie die Rostumwandlung zurückgreifen.

Wichtige Details zur Entrostung

Bearbeitet von GoldenTurtle
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@GoldenTurtle Danke für die Hinweise, aber ich denke nicht das der Rost das Problem darstellt, sondern der gesamte Kessel den muffigen Lagergeruch eines Kellers aufgenommen hat. Ich habe auch festgestellt, das dieser Geruch/Geschmack nur entsteht wenn man das Wasser im Kessel erhitzt. Wenn man den Kessel mit kaltem Wasser füllt ist davon nichts wahrzunehmen und es schmeckt auch einwandfrei.

Ich glaube wenn der Rost das Problem wäre würde das Wasser metallisch schmecken, aber das tut es überhaupt nicht, es schmeckt eher brackig.

Bearbeitet von Schizotwin
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vor 8 Minuten schrieb Schizotwin:

das dieser Geruch/Geschmack nur entsteht wenn man das Wasser im Kessel erhitzt.

Schon mal mit langem auskochen versucht? Ähnliches tut man ja auch vor der ersten Benutzung einer Tetsubin. Ich würde den Kessel ordentlich! mit gutem! Wasser befüllen und dann mal kontinuierlich (mind. einen halben Tag) kochen lassen. Dabei immer wieder Wasser nachfüllen.

Sollte der Geruch danach nicht verschwunden sein, würde ich die Prozedur mit Zugabe von Grünteeblättern wiederholen.

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Schließe mich Animas Vorschlag zu 100% an. Denke auch, dass das Auskochen mit Grüntee helfen dürfte. Und auch mit Wasser - wenn es machbar ist, dann warum nicht wirklich mal ein paar Stunden lang köcheln lassen? So schnell geht ein Geruch nicht raus, wenn der Kessel jahrelang wo stand. Nur dann natürlich frühzeitig Wasser nachfüllen, das ist ja klar.

 

vor 23 Minuten schrieb Schizotwin:

Welche Grünteeblätter soll man da denn nehmen? 

Günstige :) Bancha z.B.

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So, hab grad den Chagama mit Wasser gefüllt und auf den Herd gesetzt, lass das mal 6 Stunden köcheln, hoffentlich reicht das. 

Hätte immer noch gern Tipps mit welchem Grüntee ich den Kessel auskochen soll falls das mit dem Wasser nicht reicht. Auch die Teemenge wäre hilfreich. 

@KlausO Wenigstens muss ich meinen Chagama nicht verschrotten wenn der Geruch doch nicht rausgehen sollte, ich habe mit dem Händler eine Rückgabeoption vereinbart.

Bearbeitet von Schizotwin
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vor 13 Stunden schrieb Schizotwin:

aber ich denke nicht das der Rost das Problem darstellt

Genau im Rost könnte sich viel von dem störenden Geschmack/Geruch festgesetzt haben:

vor 14 Stunden schrieb GoldenTurtle:

Entrosten ... immer wieder als Reinigen oder zumindest als Teilschritt davon bezeichnet

Aber gut, koch den ruhig mal aus, wenn der Geruch wie ich annehme dann noch nicht draussen ist, würde ich mit Essig den Rost lösen (draussen an der frischen Luft wohlgemerkt), und danach nochmals richtig auskochen.

Und zum Auskochen mit Tee ... naja ... das verwendet man eher bei Tonkannen zur Geschmacksüberlagerung / Einprägung auf eine bestimmte Teesorte (seasoning). Bei einem Wasserkocher aber ist eine Geschmacksüberlagerung nicht die Lösung, man will ja letztlich neutrales Wasser. Der störende Geschmack muss bei einem Wasserkocher gelöst werden und nicht überdeckt. Tee hat zwar eine gewisse, dezent lösende Säure, aber im Vergleich schon nur zu Essig doch relativ gering. Aber wenn der Geruch/Geschmack so stark ist wie du sagst, bezweifle ich einerlei, dass der in jegweder Hinsicht reichen würde. Ausser wenn du gleich 200, 300g bitteren Tee reinkippst und damit stundenlang auskochen lässt, das könnte möglicherweise einiges lösen. Ich hoffe für dich dass der Essig reicht (und falls das nicht, dann eine stärkere Säure - guck aber bitte bei dem Link von mir oben wegen den gefährlichen Dämpfen, unbedingt an der frischen Luft draussen machen) ... und falls das nicht reichen sollte, käme nur noch das Abschleifen in Frage, aber das könnte in einer Kanne knifflig sein.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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Ich würde dem Volumen entsprechend mit 3, 4 Litern normalem Essig vollmachen, unverdünnt, und 24 Stunden stehen lassen (draussen an der frischen Luft der ganze Vorgang!).
Oder du nimmst weißen Haushaltsessig, der meist einen Säuregrad von etwa 5% aufweist, bei dem würden ein paar Stunden reichen.
Mit einer Bürste scheuern kannst du danach, ist aber wahrscheinlich nicht mehr notwendig, den ganzen Rost solltest du danach mit einem Tuch relativ leicht abreiben können.
Zusätzlich könntest du allerdings, wenn du experimentierfreudig bist, auch gleich noch Limettensaft, Salz, Backpulver, Spülmittel und geschnittene Kartoffeln mit in den Essig hineingeben, also eine Art Schwiegermutter-Eintopf. Bereits mit dem Essig erwischst du bestimmt den Rost, mit dem ganzen Mix löst du möglicherweise aber noch auf einem breiteren Spektrum störende Geräusche, oder aber wenn du Glück hast verwandelt sich dadruch die Chagama in eine Ginbin, aber pssssst, niemandem weitersagen.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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Phase 1 der Chagama-Geschmacksneutralisierung abgeschlossen. Nach 6 Stunden Köcheln mit Wasser kein zufriedenstellendes Ergebnis. Der modrige Geruch scheint etwas schwächer geworden zu sein, ist aber immer noch deutlich wahrnehmbar. 🤔

Phase 2 gemäß Anleitung von @GoldenTurtle beginnt in ca. 3 Stunden. Bezüglich der Kartoffeln bräuchte ich noch einen Tipp: sind festkochende oder mehlige Sorten besser? 🙃

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@Anima_Templi Was meinst du, er löst sich in seine Bestandteile auf? 😅 Was willst du machen wenns nach so langem auskochen noch müffelt? Was ich nebenbei erwartet habe. Er könnte als Zwischengang mit viel bitterem Grüntee stundenlang auskochen, bevor er zum Haushaltsessig schreitet.

Aber meiner Einschätzung nach hinterlässt das stundenlange Auskochen mit Grüntee geschmacklich deutlich mehr unerwünschte Spuren, als den Essig kalt darin stehen lassen.

Ich hab schon Tonkannen mit einem starken Teesud stundenlang ausgeköchelt, und die Spuren an der Pfanne davon waren weder optisch schön, noch geschmacklich lecker.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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Der Haushaltsessig ein paar Stunden kalt gezogen sollte reichen, die anderen Sachen alle zu kombinieren wäre ein Experiment, ich hab ja dazu geschrieben "wenn du experimentierfreudig ist", jedoch alle diese Dinge besitzen lösende Eigenschaften und könnten evtl. gemeinsam ein noch besseres Resultat liefern.

Ich habe z.B. erst neulich mit der Lösungskraft der Stärke in rohen Kartoffeln sehr gute Erfahrungen gemacht - da ging es um die Entfernung von hartnäckiger Farbe.

Bearbeitet von GoldenTurtle
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