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Jeong Jae Yeun's Balhyocha 2014


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Korea Jeong Jae Yeun's Hwangcha 2014 - Balhyocha Tea:

Dieser Tee stammt von der berühmten Jeong Jae Yeun, einer respektierten und erfahrenen Teemeisterin aus den Jirisan-Bergen. In diesen Bergen nahm die koreanische Teekultur ihren Anfang und hier werden auch heute noch exzellente Tees angebaut. Es gibt entsprechend eine Anzahl von Teeproduzenten dort, welche aber häufig nur geringe Mengen herstellen und oftmals wird der Tee nur lokal konsumiert und gelangt somit kaum in den Handel, schon gar nicht in den Export. Die (besseren) Tees werden gelegentlich mit wandernden Mönchen und Nonnen geteilt, auf diese Weise soll sich auch Jeong Jae Yeuns Ruhm verbreitet haben. Der besprochene Tee stammt aus Hwagae, Hadong-gun, Gyeongsangnam-do, Südkorea.

Dieser Tee ist komplett in Handarbeit hergestellt und stammt von wilden und/oder halb-wilden Teebüschen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Teeproduzenten widmet sich Jeong Jae Yeun vollständig der Balhyocha-Herstellung - deswegen wird die mittlerweile auch schon ältere Dame oft "Großmutter Hwangcha" genannt - und nutzt dafür auch die ganz frühen Ernten, die sonst fast immer zu grünem Tee verarbeitet werden.

Der Tee stammt von What-Cha.com und ist leider mittlerweile ausverkauft. Ich weiß auch nicht mehr, was ich dafür bezahlt habe. Balhyocha ist meist in etwas höheren Preisregionen angesiedelt. http://what-cha.com/retired-tea/korea-jeong-jae-yeuns-hwangcha-2014-balhyocha-tea/

Durch Glück und Zufall und durch die Großzügigkeit und Freundlichkeit mancher Menschen habe ich doch einige rare und wundervolle Tees zum Probieren bekommen, praktisch jeder einzelne davon hätte eine ausführliche Beschreibung und Vorstellung im Forum verdient gehabt. Aber wenn die Tees so limitiert und nicht käuflich zu erwerben sind finde ich es unpassend und unfair, diese detailliert im Forum vorzustellen, da andere nicht daran partizipieren können.

Ich habe erst (zu) spät gesehen, dass der Balhyocha von Jeong Jae Yeun aus 2014 nicht mehr erhältlich ist. Trotzdem habe ich mich in diesem Fall aber dafür entschieden, den Tee quasi online zu verkosten, da es ggf. auch andere Quellen dafür gibt und möglicherweise ja auch der diesjährige Balhyocha in das Sortiment von What-Cha aufgenommen wird (was ich doch sehr hoffe!). Es gibt, das sei noch erwähnt, einen anderen Balhyocha noch im Shop, aber ich bin noch nicht dazugekommen, diesen intensiver zu probieren (folgt ggf. noch in kürzerer Form). Meinem Eindruck zufolge werden in den letzten Jahren Balhyocha etwas zugänglicher.

Hinweise zur Zubereitung: Ich finde es immer wieder interessant, wenn gewisse bekannte Blogger Teearten - in diesem Fall eben Balhyocha generell -  zwar verkosten, aber sich über die Parameter in Schweigen hüllen. Durchaus auch entgegen ihrer sonstigen Gepflogenheiten! Man fragt sich, warum. Befürchten sie "festgenagelt" zu werden? Beim Lesen mancher Kommentare kam ich wegen der vagen Worte oder dem hartnäckigen Schweigen schon etwas ins Grübeln.

Meinen - noch recht übersichtlichen - eigenen Erfahrungen zufolge setzt sich die Vielschichtigkeit und die fast schon beharrliche Weigerung dieser Teeklasse sich in Kategorien einzufügen auch bei der Zubereitung fort. Balhyocha verträgt sehr heißes Wasser, wird aber auch manchmal mit eher kaltem Wasser (wie Grüntee) zubereitet. Auch die Ziehzeiten sind freizügig, von kurz bis lang hat dieser Balhyocha bislang alles mitgemacht und dabei wiederholt mit Überraschungen aufgewartet.

Der Geschmack ist ebenso wandelbar und kann je nach Veränderung der Variablen sich erheblich verschieben. Vielleicht ungünstig für diejenigen Teetrinker, die einen verlässlichen, sich in der Tasse konstant darstellenden Tee wünschen. Für andere mag diese Wandelbarkeit einen besonderen reizvollen Aspekt darstellen.

>>> Diese spezifische Verkostung beruht auf eine Teesession bei der ich ggf. leicht physiologisch eingeschränkt war. Dies bitte ich zu berücksichtigen. <<<

Die Katzenfigur stammt aus Korea und dient in Tempeln als Schutztier. Ich habe (noch, muss man wohl sagen) verschiedene Stücke aus Korea, Verwandtschaft lebte länger dort.

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Vorbereitungen: Das Übliche, vorwärmen des Geschirrs. Das Waschen habe ich mir erspart, den Tee aber durch behutsames Angießen, gefolgt von sofortigem Abgießen ein wenig "geweckt".

Blattgut: Zierlicher als viele andere Balhyocha, finde ich. Lange und dünne Blätter, grazil in sich gedreht. Dunkle, fast schwarze matte Farbe mit stellenweise helleren Anteilen.

Aroma - trockenes Blatt: Sehr komplex und würzig! Bourbon-Vanilla, dunkler Kakao, Kekse, Heublumen, malzig, holzig, sahnig, kompliziert fruchtige Noten nach getrockneten Cranberries, geröstete Mandeln, kandierte Zitrusfrüchte. Dazu einen Hauch Gewürze, leicht zimtig oder wie eine Mischung von Lebkuchengewürzen sowie eine Spur Bdellium und Dammar u.a. Es ist nicht einfach, diesen Duft zu beschreiben, aber es riecht sehr, sehr gut. Erinnert teilweise auch etwas an Oriental Beauty, Muscatel, Jin Jun Mei sowie entfernt vom Duft her an einen Aufguss von sehr gutem, sahnigem Shu und gealtertem Weißtee. So meine Assoziationen, man erkennt schon, dass dies ein ganz eigenständiger Tee von einer ausgeprägten Individualität ist.

Aroma - in der warmen Kanne: Intensiviert, vordergründig eine zusätzliche frische Komponente nach Orangenblüten, frisch gesägtem Nadelholz. Etwas kampferartig.

Dosierung: 5.5g auf ~100 bis 120ml; verwendet wurde ein koreanisches Celadon-Teeset.

Wasser: Lauretana. Temperatur geschätzt jeweils ca. 90 bis 95°C.

Ziehzeiten:  Ich bin intuitiv vorgegangen und mehr nach der Aufgussfarbe. So wurden meine ersten Aufgüsse dieses Mal sehr schnell abgegossen.

1. Aufguss (~10sek geschätzt, vgl. Bild unten): Das Wasser nimmt sofort eine intensive Farbe an, der erste Aufguss ist von einem schönen Bernsteingelb. Zitrus und dunkle Schokolade. Im lang anhaltenden Nachgeschmack Pomeranze, fast schon mit einer gewissen Schärfe.

2. Aufguss (~15sek): Eine fröhliche Tasse. Leuchtend ist auch der Geschmack, der Nachgeschmack leicht medizinisch, etwas wie Kampfer. Hm. Aber nicht schlecht. Dunkle Schokolade, Orange und Maracuja. Die in sich gedrehten Blätter öffnen sich nur zögerlich.

3. Aufguss (30sek): Eine Vertiefung der Farbe hin zum Orangen. Eine wundervolle Sahnigkeit zeichnete diesen Aufguss aus, wo die so plötzlich herkam? Cashew und Papaya (!?) und immer wieder eine changierende Zitrusnote. Die nassen Blätter haben die Farbe von Milchschokolade. Ganz leicht legen sich Tannine um die Zunge.

4. Aufguss (70sek): Cognacfarbe. Seit dem 3. Aufguss komme ich ordentlich ins Schwitzen. Die Cremigkeit verbunden mit einer fast schon dazu unpassenden, paraodoxen Spritzigkeit finde ich faszinierend.

5. Aufguss (100sek): Noch etwas dunkler. Kakao, etwas Tannenhonig, Vanille. Keine Adstringenz u/o Bitterkeit im eigentlichen Sinne, aber Tannine, die aber gefühlt, nicht erschmeckt, werden. Sehr schön rund.

6. Aufguss (3min): Im Sieb hat sich übrigens eine recht ordentliche Schicht Härchen abgesetzt, junge Blätter bzw. Knospen eben! Weich und rund, im Nachgeschmack leichte Schärfe und ggf. eine gewisse metallisch anmutende Note. Aber niemals bitter!

7. Aufguss (7min, vgl. Bild unten): Diese Ausdauer überrascht mich doch, der Tee ist noch nicht am Ende. Ich beschließe, einen Kaltaufguss aus den nassen Blättern zu machen. Irgendwo habe ich davon gelesen: kaltes Wasser und über Nacht... oder zumindest sehr lange. Mal sehen, was herauskommt.

Nach dem Aufguss/ Nasses Blattgut:

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Fazit: Balhyocha macht einfach Spaß. Über die Wandelbarkeit und Vielschichtigkeit schrieb ich schon. Sollte ich diesen Balhyocha beschreiben, so würde ich in als fröhlichen Tee bezeichnen, ein Tee, der in der Tasse tanzt. Er entzieht sich einer Klassifizierung und ist zu vielschichtig, zu wandelbar (aber im positiven Sinne!). Ein Exzentriker. Hochgerechnet ist die Dosierung gar nicht mal hoch, dafür finde ich die lange Ausdauer und die vorhandene Sahnigkeit überraschend und über die erzielte Gesamtmenge an Tee kann man sich eigentlich nicht beschweren.

Unbedingt mit Dosierung, Temperatur und Ziehzeiten spielen!

Links: Im Rahmen meiner (noch andauernden) Recherchen haben sich auch viele Links angesammelt. Dieser spezifischer Tee und/oder andere Balhyocha von Jeong Jae Yeun werden auf diversen Seiten und Blogs besprochen, so z.B. bei TeaDB, Cwyn's Death By Tea, MarshallN, Mattcha u.v.m. Googelt selbst ;) Geht es um koreanischen Tee darf natürlich auch nicht Morning Crane Tea fehlen.

Bilder:


P.S.: Ich fand es dann doch etwas zu viel für einen Beitrag, deswegen habe ich den allgemeinen Teil doch gesondert eingestellt. Findet man hier: http://www.teetalk.de/topic/4885-koreanischer-balhyocha-bzw-hwangcha/#entry60099

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Fast vergessen:




Ich beschließe, einen Kaltaufguss aus den nassen Blättern zu machen. Irgendwo habe ich davon gelesen: kaltes Wasser und über Nacht... oder zumindest sehr lange. Mal sehen, was herauskommt.



Das Ergebnis war gar nicht mal so übel, geschmacklich bewegte es sich irgendwo zwischen Oolong (mehr DHP als TGY), Hongcha und DC. Ich weiß nicht ganz genau, wie lange dieser letzte Kaltaufguss zog, ca. 18 Std. waren es aber gewiss. Keine Adstringenz u/o Bitterkeit, fruchtig. Recht schmackhaft, wenn auch wegen der niedrigen Temperatur nicht so brillierend wie zuvor.


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  • 5 Monate später...

Nachtrag: es ist schon länger her, dass ich genau diesen Balhyocha aus der 2015er Ernte bestellt hatte (erhältlich sind nun auch wohl nur noch Reste, ich habe mir zum Glück noch eine größere Tüte sichern können) und ich hatte ihn auch schon 2, 3 mal in der Tasse. Vielleicht komme ich mal zum Direktvergleich von 2014 vs. 2015. Letzterer hat ein ausgeprägtes Waldbeeren- und Zitrusaroma. Nicht übel :thumbup:

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