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Dancong aus Taiwan?


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Werte Teefreunde,

so sehr ich einen guten Oolong zu schätzen weiss, so spielen sie bei meinem alltäglichen Teekonsum eine doch eher nachrangige Rolle. Die vorrangig mit Wuyi Yancha, Fenghuang Dancong und Anxi Tieguanyin besetzt wird. Bin halt ein verknöcherter Traditionalist. Was nicht ausschließt, dass ich gelegentlich fremdgehe - ich rede nur nicht gerne öffentlich darüber, um meinem Ruf nicht zu schaden ...

Heute mal eine Ausnahme. Beim letzten Besuch bei meinem lokalen Dealer konnte ich ich nicht widerstehen, einen mit Osmanthus bedufteten taiwanesischen Oolong mitzunehmen (gewissermaßen ein doppelter Seitensprung), der mit 15,10 € für 50 gr nicht gerade ein Schnäppchen war. Es war die Beschriftung der Teedose mit "Gui Hua Dan Cong", die mich veranlasste, in die Dose hinein zu schauen und zu schnuppern - und die durch den wirklich sehr delikaten Duft geweckten (etwas verfrühten) Frühlingsgefühle, besagte 50 gr zu kaufen.

Dass es sich nicht - wie von mir eigentlich erhofft - um einen Gui Hua Xiang Dan Cong handelte, zeigte natürlich schon der erste Blick. Und auch der Duft verriet deutlich, dass es sich (anders als beim Gui Hua Xiang) um einen bedufteten Tee handelt. Das stand dann auch auf dem Label, das auf das Päckchen geklebt wurde - sowie die Herkunft Taiwan und das Versprechen, der Tee sei für 5 - 6 Aufgüsse gut.

Es wurden dann tatsächlich 13 - und der Osmanthusduft war beim letzten Aufguss  durchaus noch nicht erschöpft. So filigran und ätherisch wie die frühen waren waren die Aufgüsse ab Nr. 5 / 6 natürlich nicht mehr, aber durchaus mit Genuss trinkbar. Die Teeblätter sind sorgfältig geerntet (offensichtlich Handpflückung) und verarbeitet, dem Aussehen nach wohl ähnlich (oder gleich) wie ein grüner Tieguanyin. Ein Eigengeschmack des Tees ist kaum feststellbar (auch nicht in Richtung Adstringenz bei späteren Aufgüssen); er bescheidet sich damit, Trägermaterial für das Osmanthusaroma zu sein. Die zum Beduften benutzten Blüten waren offenbar von ausgesuchter Qualität. Nicht nur der beste Osmanthus-Blütentee, sondern der beste Blütentee überhaupt, den ich je in der Tasse hatte. Wobei mein Erfahrungsschatz in dieser Richtung zugegebenermaßen eher bescheiden ausfällt (und ich auch noch nie so viel für einen Blütentee ausgegeben habe). Auf die Gefahr hin, des Wohlwollens der Damen hier verlustig zu gehen: ein echter Mädchentee. Der mir meine feminine Seite aufweist ...

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Aufgegossen im innen glasierten Kännchen von Andrzej Bero, das damit mal wieder zu Ehren kam. Die Tasse ist auch von ihm (es gibt noch einen - leider schlecht eingepassten - Gaiwandeckel dazu). Der Cha Hai ist übrigens schon ein gutes Vierteljahrhundert in meinem Besitz; den Namen des Keramikers weiss ich nicht mehr - nur, dass er in Berlin lebt(e). Falls jemand sachdienliche Hinweise dazu (oder auch nur Vermutungen) hat - sie wären willkommen. Eine Signatur hat er leider nicht.

Was mich nun etwas umtreibt ist die Frage, ob in Taiwan tatsächlich Dancong (also Tee von Einzelbüschen / -bäumen) in handelsüblichen Mengen produziert werden bzw. ob sich eine solche Bezeichnung tatsächlich auch bei taiwanesischen Oolongs findet. Mir kommt so etwas jedenfalls zum ersten Mal unter.

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P.S. - ich trau' mich ja kaum, noch Fotos von meiner billigen Smartphone-Kamera zu posten, so eingeschüchtert hat mich der Foto-Thread ...

Bearbeitet von SoGen
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Sehr schöner Bericht - danke!

vor 15 Minuten schrieb SoGen:

die Frage, ob in Taiwan tatsächlich Dancong (also Tee von Einzelbüschen / -bäumen) in handelsüblichen Mengen produziert werden

So würde ich den Begriff "Dan Cong" hier nicht verstehen. Es ist wie bei Yancha: die paar Tees, die wirklich von so seltenen, alten Büschen kommen, sind so richtig teuer. Dan Cong ist in 99% der Fälle der Begriff für eine bestimmte Art, den Oolong zu produzieren, einen Kultivar, in einer gewissen Anzahl Fälle geht das auch mit dem geographischen Ursprung konform. Dein Tee ist offensichtlich nicht aus Guangdong 9_9. Darauf würde ich mich konzentrieren - die Einzelbüsche sind wie die Cha Wang-Bäume ein ultrateurer Sonderfall, mehr nicht.

 

vor 18 Minuten schrieb SoGen:

ich trau' mich ja kaum, noch Fotos von meiner billigen Smartphone-Kamera zu posten, so eingeschüchtert hat mich der Foto-Thread

Dann hat der Thread die falsche Wirkung gehabt <_<.

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vor 5 Minuten schrieb miig:

So würde ich den Begriff "Dan Cong" hier nicht verstehen.

Dass der vom Fenghuang Shan stammende Oolong, soweit er bezahlbar bzw. überhaupt für Langnasen käuflich ist, zumeist aus Gärten stammt, deren Büsche dann Ableger in X-ter Generation der eigentlichen Dancongs (oder Laocongs) sind, ist schon klar. 'Dancong' ist im Grunde zu einer reinen Herkunftsbezeichnung geworden - aber genau das passt hier ja schon mal gar nicht ...

vor 12 Minuten schrieb miig:

Dann hat der Thread die falsche Wirkung gehabt

Nicht wirklich :). Aber ich weiss jetzt die Mühe und Sorgfalt (und das handwerkliche Geschick), die Viele hier für ihre ästhetisch ansprechenden und inspirierenden Fotos aufwenden, erst richtig zu schätzen. Dafür ein nachträgliches Dankeschön.

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vor 16 Minuten schrieb SoGen:

'Dancong' ist im Grunde zu einer reinen Herkunftsbezeichnung geworden - aber genau das passt hier ja schon mal gar nicht ...

Hmm.. ja, ich würd eben noch die Machart da mit reinpacken in den Begriff. Wobei ein Osmanthus-Dancong natürlich wieder ein Kuriosum ist. Ich mein, ich hatte auch schon durchaus relativ wertige Osmanthus-Oolongs, das schließt sich keineswegs aus. Aber ein Dan Cong ist normal eh schon so parfümig-floral, dass man nicht unbedingt noch mehr Blumen dazutut :D

 

Freut mich, dass der Foto-Thread gut ankam!

 

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vor einer Stunde schrieb miig:

Hmm.. ja, ich würd eben noch die Machart da mit reinpacken in den Begriff.

Ja klar - aber das passt hier ja auch absolut nicht. Deswegen hatte ich ja geschrieben, dass sich das schon auf den ersten Blick zeigt, dass das kein Fenghuang Dancong ist. Der ist deutlich stärker oxidiert, gebacken und vor allem nicht gerollt, sondern in 'Streifen' geformt. Und schon gar nicht ist er beduftet (auch wenn da bei billigeren womöglich gelegentlich getrickst wird).

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vor 2 Stunden schrieb miig:

Irgendwo in der Global Tea Hut wurde mal beschrieben, wie und wann Oolongs nach Taiwan gebracht wurden.

Ja, interessanter Artikel. Ist noch gar nicht so lange her, Oktober 2018. Gibt hier mE aber nicht viel her - Migration aus Guangdong gab es (neben der deutlich umfangreicheren aus Fujian) zwar auch, im Zusammenhang mit Tee wird aber nach meiner Erinnerung lediglich Fujian erwähnt.

vor 3 Stunden schrieb miig:

Bezüglich deines Tees wäre meine Vermutung ja, dass es schlicht an Fenghuang Dancongs angelehnt ist

Außer der Bezeichnung sehe ich da allerdings keinerlei Anlehnung. Geschätzte 20 - 30% Oxidation vs. 70-80%, ball/rolled vs. strip-style, Aromatisierung durch Blüten vs. natürliches, durch Backen herausgearbeitetes Aroma - höchstwahrscheinlich auch unterschiedliche Kultivare (würde mich sehr überraschen, wenn es anders wäre) ...

Ich fürchte, das alles bringt uns nicht weiter. Das Motiv für die Namensgebung wird wohl ein Geheimnis des Produzenten oder Großhändlers bleiben. Aber Danke für Deine Überlegungen ...

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Atong hat ja schon vor vielen Jahren mit der Kultivierung von Sorten aus Wuyi und Fenghuang angefangen (die er selbst etwa ab den 80ern aus China rübergeschmuggelt hat) und verarbeitet diese auch teilweise ähnlich, aber gem. meiner Teebibliothek macht er nur Shuixian und Baxian fast ganz in die Fenghuang Dancong Richtung. Er oxidatiert diese i.d.R. aber mehr als in Fenghuang üblich und röstet diese auch einen Ticken stärker. Aus dem Wuyi Kultivar macht er gerne Dong Ding und kugelt leidenschaftlich Rougui. 😁✌

Bearbeitet von GoldenTurtle
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vor 1 Stunde schrieb Whisper:

dürfte ich fragen, ob deine Teehändlerin auch online präsent ist?

a) selbstverständlich und b ) - ja. Den Tee findest Du hier. Zur Qualität des Online-Shops kann ich nichts sagen, da ich ihn nicht nutze - allenfalls noch zur Tee-Lounge. Ein empfehlenswerter Ort zum chillen. Man hat da eine nette Auswahl an Trinkbarem (mein derzeitiger Favorit auf der Karte: der Gao Shan) und weniger Trinkbarem aber dafür um so fashionablerem (wozu ich persönlich z.B. Matcha Latte zähle) und man kann beim Teetrinken auch mal in Ruhe ein paar Seiten lesen, ohne dabei von nervigem Musikgedudel gestört zu werden. Heißes Wasser gibt's ad libitum.

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vor 10 Stunden schrieb miig:

Es gibt tatsächlcih sowat

Danke für das (zumindest optisch) schöne corpus delicti. Das verleiht Deiner 'Anlehnungs-Teeorie' schon deutlich mehr Plausibilität, als ich ihr eigentlich zugestehen wollte.

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vor 1 Stunde schrieb Whisper:

Ach je, der Gao Shan sieht ja wirklich gut aus

Na es geht, fototechnisch gesehen. :lol:

Aber die Beschreibung finde ich einfach aber gelungen: " Seine Kombination aus sahnigen und fruchtigen Noten macht ihn zu etwas Besonderem."
Hört sich für mich nach Lishan an.

Da trink ich doch grad mal am taiwanesischen Tieflandoolong von gestern weiter ... 12er Mingjiang Wuyi Kultivar allererster Schnitt

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  • 2 Monate später...

Sooooooooooooooooooo...........

Heute durfte ich auich den Gui Hua Oolong probieren. Ich stimme @SoGen zu - wirklich ein erfreulicher Tee.

Er ist natürlich viel jünger als der Osmanthus-Oolong von Tea Hong, und somit ist das Aroma deutlich präsenter. Während es mir immer noch ein Rätsel ist, wie so ein kugeliger Kugel-Tee zum Namen Dan Cong kommt, erinnert er durchaus an gute Taiwan-Oolongs. So ein Gschmarrn - er ist einer!

Schon beim Beschnuppern blütet es einem durchaus intensiv entgegen, doch die Begegnung mit heißem Wasser lässt erkennen, dass das Basismaterial durchaus ein wertiges ist. Nie wird der Tee unangenehm bitter oder zu eindimensional, sondern das "Träger"blatt überzeugt mit einem runden wenn auch schlanken Körper und ist auch im Bäuchli sehr gut verträglich. Zudem ist es selten, dass das Aroma sich über so viele Aufgüsse hin erhält, keinesfalls flaut es nach kurzer Zeit ab, wie das bei aromatisieren Tees so oft der Fall ist.

Insgesamt ein ausdauernder und sehr eleganter Tee. Man bekommt hierzulande wohl nur sehr selten aromatisierte Kamelienprodukte, die qualitativ nochmal deutlich darüber liegen.

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  • 1 Jahr später...

Danke für den Hinweis. Deine Vermutung, dass sich dies in Taiwan auf Varietäten bezieht, die aus Guangdong stammen, hat einiges für sich. Und aus denen macht man dann z.B. einen 'old-style' aromatisierten Baozhong - d.h. mit der Verarbeitung von Fenghuang Oolongs geschweige denn mit Einzelbüschen hat das alles nichts zu tun. Da hat sich ein Marketing-Experte aber mal was einfallen lassen ...

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Schon klar, man hat es natürlich auch am Fenghuang Shan in aller Regel mit durch Stecklingsvermehrung gezogenen Ablegern der 'Original' Dancongs mit ihrem jeweils charakteristischen Aroma (xiang) zu tun - es sei denn, man hat eine erstklassige (und vertrauenswürdige) Quelle sowie eine sehr gut bestückte Portokasse. Wie der (zumeist: die) jeweilige/n Ableger nun behandelt, also mit Nährstoffen und Insektenschutz versorgt wird/werden, wie alt und wie gut gepflegt (etwa wie stark man durch Pflückung belastet) er oder sie ist / sind - das sind hier für den Trinker die praktisch interessanten Fragen. Bei den richtig alten Schätzen kann man schon davon ausgehen, dass die pfleglich behandelt werden - bei Ablegern nicht immer. Und dann kommt - last not least - die Verarbeitung des Blattgutes. Das ist - zumindest in meinem etwas sinozentrischen Blickwinkel - das, was ich unter 'Dancong' verstehe. Grundsätzlich ist der definiert durch geographische Herkunft und den lokalen Verarbeitungsstil. Und damit, dass insbesondere bei der Herkunft kräftig geflunkert (zu Deutsch: der Kunde über den Tisch gezogen wird) hast Du natürlich recht. Teekauf ist Vertrauensache ...

Offensichtlich sieht man das (was 'Dancong' ist, versteht sich ;)) in Taiwan anders - für die ist 'Dancong' (wenn ich es richtig verstanden habe) nur der Stecklingsableger aus dem Fenghuang - Gebiet. Aus dem sie dann etwas ihrem eigenen Terroir Entsprechendes produzieren, wobei sie in der Wahl der Verarbeitungstechniken - inclusive Aromatisieren mit Blüten - völlig frei sind. Daran ist ja auch nichts verkehrt, im Gegenteil. Nur - das Produkt dann als 'Dancong' zu verkaufen, scheint mir nicht hinreichend begründet.

Wie auch immer - wenn man weiss, worum es bei solchen Bezeichnungen konkret geht, wird man nicht durch falsche Erwartungen getäuscht. Insofern hat der Thread wohl auch seinen Zweck erfüllt - Kundenaufklärung B). Meinen herzlichen Dank an Alle, die dazu beigetragen haben.

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