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Schräge Japaner: Raku, Hagi und Konsorten


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Hallo Teetalk,

hab neulich im Rahmen meiner Matcha-Geburt die faszinierende Welt der japanischen (Sabi und-)Wabi-Teekeramik entdeckt und mich gefragt wie es hier wohl so ausschaut?
Hab zwar immer mal wieder im Vorübergehen eine(n?) schönen Chawan gesehen, aber scheinbar gibt es keine zentrale Sammelstelle.

Also bitte - habt ihr sowas? Oder schwärmt ihr für ein solches Teil? Wenn ja dann wäre es schön wenn man hier ein bisschen sammeln könnte.

Und auch - was haltet ihr davon? Ist das Geldverschwendung, Augenwischerei, moderne Kunst?
Ich muss ja sagen dass ich bisher damit nichts anfangen konnte, aber wenn man sich dann mal ein bisschen Zeit nimmt und sich mit den Details beschäftigt, dann ist es wie so oft - da tun sich Welten auf.

Und grad weil dieses Universum so völlig eigenen Regeln folgt, finde ich es überaus erfrischend und faszienierend.

Mir scheint dass das auch der Stil ist der Novak, Berov und deren Kollegen inspiriert hat, Kunstkenner bitte korrigieren falls ich da jetzt was ganz fies falsches gesagt hab :)

Nunja, zur Tat! Mangels eigenen Besitzes stell ich hier mal drei Sachen vor, die mich besonders begeistert haben:

Die anderorts schon erwähnte Schleichfahrt-Kanne.

$T2eC16d,!ysE9sy0jKZDBRh2mmrV6!~~60_57.J

http://www.ebay.fr/itm/o4143-JPN-Blue-HAGI-SEIGAN-Special-Pinch-work-Teapot-/220709267924

Hier hat der Töpfer die gleiche Kanne gemacht, nur war da sein LSD-trip schon abgeklungen.

$(KGrHqF,!gsF!n+C)9REBQWSw7MUe!~~60_12.J

http://www.ebay.fr/itm/o5063-Japanese-Blue-Hagi-ware-the-SEIGAN-blue-Large-KYUSU-teapot-/370633630486

Und eine andere Linie ist ja die Zuckerguss-Linie: Grob geformte Objekte mit superdicker weißer Glasur - das ist ja dann richtig abgefahren:

c-170304.jpg

http://www.ebay.fr/itm/c1877-JPN-Hagi-ware-SEIGAN-Tea-Bowl-with-Notched-Foot-ONI-HAGI-type-/221245861685

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Mich spricht das sehr an und wie du schon schreibst, da tun sich Welten auf; ich beschäftige mich aber schon länger damit. Die Schleichfahrt-Kanne gefällt mir persönlich allerdings nicht (irgendwie zu gewollt, zu erzwungen,  nicht "gewachsen" und die Farbe...), für Hagi begeistere ich mich schon. Will das nicht ad nauseam wiederholen, aber aus finanziellen Gründen ist der Erwerb praktisch nicht möglich. Ich habe aber eine Chawan, die wohl in die Kategorie passt. Oder eigentlich zwei, wo zieht man die Grenze.



Sorry, muss los, nachher vielleicht mehr.


Edited by seti17
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man weiss halt nie, obs jetzt ein kind in der ersten klasse getöpfert hat, oder ein hoch dotierter meister...  :D  ;)



es gibt wirklich schöne stücke, aber halt auch welche, die mir gar nicht gefallen. so extrem ist das bei anderem teegeschirr sonst nicht bei mir.

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Das ist fies aber lustig! ^_^

muss das auch etwas relativieren: raku gefällt mir in aller regel sehr, sehr gut. hab sogar schon eine raku-vase verschenkt. aber daraus werden ja meist chawan und keine kannen gemacht.

der hagi-stil ist so polarisierend bei mir. 

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Mir ist hier schon oft der Wunsch nach diesen Formen in Forum aufgefallen. Bitte seit so gut und klärt einen Kunstbanausen wie mich auf, was an diesen "nicht perfekten" Formen das tolle sein soll. :blush:

Auf den Glanz und die Farben der Glasuren brauchen wir nicht eingehen, die sind auf für mich in Ordnung, aus das ist genau der wichtige Punkt? Wenn ich mich aber an die Kunstwerke von Anima_Templi aus seiner Kunstunizeit in USA erinnere gefallen mir seiner Werke besser und die aus der Verkaufsaktion.

Auch wenn ich jetzt Key fallsch zitiere, weil er es nicht so gemeint hat, "man weiss halt nie, obs jetzt ein kind in der ersten klasse getöpfert hat, oder ein hoch dotierter meister...", meine ich genau das.

 
Ich hoffe, dass ich diese Thema jetzt nicht durch meine Kommentare aus dem Ruder läuft, sonst lasst es einfach unbeantwortet so stehen
 
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Hallo Klaus,

nein, ganz im Gegenteil! Der Thread war ja dazu gedacht, alles zu diesem Thema zu sammeln - Fragen, Gedanken und Assoziationen geauso wie Bilder!

Ich mein, es gibt wie bei Kunst generell zwei Herangehensweisen: Man kann hergehen und das Ganze versuchen zu verstehen: Erklärungen, Definitionen, Begründungen, Entwicklungen verstehen... das ist enorm bereichernd aber ein Prozess der nie abgeschlossen sein wird und der auch nicht jedem zugänglich ist. (Zeitgründe...)

Dann gibt es aber auch noch den naiven, direkten Ansatz: Um ein Klavierstück von Mozart zu genießen brauche ich nicht die gesamte westliche Musikgeschichte bis zur Enwicklung der Wiener Klassik nachvollziehen zu können - um es zu "verstehen", ja, aber nicht um es zu genießen. Und das ist hauptsächlich der Ansatz mit dem ich mich dem nähere.

Anfangs fand ich diese Teile auch einfach nur bizarr - aber nachdem ich eine Weile dasaß und Bilder davon betrachtet habe, haben sie begonnen, zu mir zu sprechen. Ich bezweifle stark dass das, was ich wahrnehme, sich zu großen Teile damit deckt was der Künstler intendiert hat oder was ein fähiger Japaner assoziieren würde. Und ich bin mir fast sicher dass es dem Künstler ähnlich egal ist wie mir, denn der will wohl selten genau X, und nur X, aussagen. Natürlich wird mir viel verborgen bleiben, aber ein bisschen was kommt rüber, und in dem Moment wo das passiert ist, ist die Verbindung ein Erfolg.

Naja, und wenn man sich dann dem Ganzen doch von einer logischeren Seite her nähern will kommt man aber auch schon recht weit wenn man sich mal die Grundzüge der Wabi-Sabi-Ästhetik anschaut, die ja der japanischen Kunst und besonders der Tee-Zeremonie Chanoyo zugrunde liegen. Und ich sag nochmal dass ich diese Ästhetik auch nur zu einem winzigen Anteil kenne oder verstehe, drum will ich mich da sehr ungern näher dazu äußern.
Ich hab jetzt mal auf die schnelle diesen Text gefunden, der halt englisch ist aber imho ganz gut verständlich. Wäre schon wenn jemand der da etwas kundiger ist, sich äußern könnte.
:)


Nachtrag: Hier hat ein Fotograf das Ganze sehr schön auf den Punkt gebracht - in Deutsch.

http://www.andreashurni.ch/aesthetik/wabisabi.htm

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Ich hatte mal einen Pfaden vom Zaun gebrochen über die Schönheit einer Teeschale - weiß aber nicht mehr wo ;)

@KlausO

ich hab nicht behauptet, Du hättest keine Ahnung von Kunst, das hast Du selber gesagt; und das ist immer noch besser, als wenn Halbgebildete das Dictum von Beuys (jeder ist ein Künstler.....) zitieren, ohne den Zusammenhang und die Folgen dieses Ausspruchs zu zitieren.

"man weiss halt nie, obs jetzt ein kind in der ersten klasse getöpfert hat, oder ein hoch dotierter meister.."

Man - Key ist sicherlich richtig.

Profis wissen sofort ob Kind oder Meister ;)

und es ist relativ einfach den Unterschied zu sehen wenn man sich 30-40 Jahre damit befaßt hat!


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Teekeramik ist in der Tat ein interessantes Thema, aber eben auch nur ein kleiner Teil des gesamten Keramikkosmos in Japan. Porzellan finde ich persoenlich da ja noch viel spaennder. ;)  



Mit Bildern einer eigenen Matcha Chawan kann ich nicht dienen. Dieses Jahr habe ich mehrere Ausstellungen besucht und auch einige Stuecke gesehen, die ich auf der Stelle haette mitnehmen koennen, so sehr haben sie mich in ihren Bann gezogen, wenn nicht das Preisschild gewesen waere.  -_- Ist schon eine andere Liga, als das, was sonst so in meinem Schrank landet. 



Mal schauen, vielleicht nehme ich das zum Herbst hin mal in Angriff. Von der Form her gefallen mir die traditionellen Tenmoku (als Blaufan auch gerne diese) oder aber auch Ido sehr gut. Der absolute Oberknaller aber waere eine Shino! :)

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@Paul, ist schon Okay. ;) Zu Beuys. kenne ich auch. Das war die Geschichte mit der Kunstausstellung, der Badewanne mit Butter (oder Magarin) un der Putzfrau, die das Kunstwerk nachts gereinigt hat. :D


@miig, Danke für deine Antwort und vor allem für den deutschsprachigen Link diese Fotografen. Ich habe diese Erklärungen schon verstanden aber es gelingt mir nicht dass auch auf "Schleichfahrt-Kanne" anzuwenden. Es liegt sicherlich an mir, dass dieser für mich rohen unfertigen Kanne kein Funktionalität abgewinnen kann und sie somit für mich unzweckmäßig erscheint.


Diese Wabi-Sabi-Ästhetik, so wie sie von dem Fotografen erklärt wird, kann ich bei Bonsais nachempfinden nur nicht bei dieser Kanne. :P


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Hey Klaus,

naja einmal muss ja nicht jedem alles gefallen - Gott wär das langweilig :)
Zum anderen find ich die Kanne zwar schon gelungen, aber viel WabiSabi seh ich da nicht ubedingt drin - dafür ist mir das blaue Hagi auch zu knallig, zu fesch.

Wenn ich von dem ausgehe was ich so in diversen Shops sehe, scheinen das einige der Hauptstile zu sein:

Gurkenglasur (cucumber glaze - keine Ahnung warum das so heißt..)

$_57.JPG

http://www.ebay.fr/itm/c1897-JPN-Tea-things-Hagi-SEIGAN-Red-and-Blue-sea-cucumber-glaze-Teabowl-/221443607953

Blaues Hagi

$_57.JPG

http://www.ebay.fr/itm/c1887-Japanese-tea-things-ONI-HAGI-SEIGAN-blue-Large-IDO-type-Teabowl-/221369445392

Der bereits erwähnte, wohl besonders teure Zuckerguss-Stil

a9870.jpg

http://www.tablinstore.info/product/483

kairagi_kysu1.jpg

http://www.artisticnippon.com/product/hagi/kashun/kairagi_kyusu.html

Einen Stil dessen Name ich nicht kenne, der aber allgemein etwas weniger knallig ist:

aIMG_8486.jpg

http://www.tablinstore.info/product/582

Kurze Fortsetzung: Es gibt auch weniger schräge Hagiwaren:

seikaiha_guinomi7_1.jpg

http://www.artisticnippon.com/product/hagi/kondo_mamoru/seigaiha_guinomi7.html

aohagikakewakecup1.jpg

http://www.artisticnippon.com/product/hagi/noutomi_susumu/aohagi_kakewakecup.html

Hagi Biwa.

Und zu guter Letzt, einer der Stile die mir am besten gefallen und wohl auch am leichtesten zugänglich sind.

Das heißt, orange bis ockerfarbener Ton, der dann mit einer transparenten oder weißlichen Glasur überzogen wird und somit ein sehr natürliches, zurückhaltendes Erscheinungsbild ergibt.
Viel weniger anstrengend als blaues Hagi, hat fast einen Terrakotte-Charme:

biwa9_2.jpg

http://www.artisticnippon.com/product/hagi/kashun/biwa_yunomi9.html

macha062a.jpg

http://www.artisticnippon.com/product/teaceremonygoods/macha062.html

$T2eC16N,!yME9s5qF8nPBRhfk(8lR!~~60_57.J

http://www.ebay.de/itm/c1642-Japanese-HAGI-SEIGAN-BIWA-YUU-Teabowl-Loquat-glaze-/370503636037


Was halt bei Hagi besonders ist ist dass die Waren in der Regel aus sehr grobem Ton gemacht werden und die Glasur Lücken hat.
Das heißt - die Teile sind nicht vollständig versiegelt und interagieren mit dem Tee!

Besonders bei Biwa ist es wohl so dass die sogar am Anfang lecken - von wenigen Tropfen bis hin zu - fließt raus als ob ein Loch drin wäre!
Dem ist dann aber recht leicht abzuhelfen, indem man verschiedene Dinge hineingießt die die Poren dann recht schnell verschließen.

Es ist dann bei solchen Waren einmal nicht empfehlenswert, seinen Apfel-Kirsch-Tee drin zuzubereiten wenn der Matcha in Zeremoniequalität noch zur Geltung kommen soll, weil das Material ähnlich einer Yixing-Kanne Geschmack aufnimmt und abgibt. Wobei ich vermute dass sich das nicht in dem Rahmen bemerkbar macht weil ja der Matcha schnell bei deutlich unter 100° aufgerührt und getrunken wird - aber prinzipiell ist der Effekt vorhanden.

Das bedeutet auch dass die Schale sich dann mit der Zeit und mit dem Gebrauch verändert, weil sie Teeöle und andere Dinge absorbiert - es scheint recht üblich zu sein, die Schalen erstmal mit Wasser zu sättigen damit diese Entwicklung nicht so schnell vonstatten geht.

Ebenso sind sehr oft diese kleinen Risse in der Hagiware vorhanden, in denen sich mit der Zeit auch Teespuren absetzen und zu einer veränderten Erscheinung führen... da tun sich Welten auf!

Edited by miig
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  • 2 weeks later...

@ Klaus 



Vielen Dank für die Blumen! Es freut mich dass Dir manches von mir gefällt!  :)



Unabhängig davon, ob ein Stück aus der Hand eines Meisters oder eines Anfängers stammt, kann ich doch sagen, das sorgfältiges Arbeiten in der Regel immer belohnt wird. Mein Lehrer war ein toller Kerl und Lehrmeister. Im Nachhinein kann ich mir keinen besseren wünschen. 



Es hat einfach Spass gemacht von ihm zu lernen, aber trotzdem dazu animiert zu werden selbst zu experimentieren. 


Außerdem sehe ich meine selbstgemachten Töpfereien in einem ganz anderen Licht, als außenstehende Betrachter. Das wird wohl allen Künstlern so gehen!  ^_^


Anfangs habe ich immer sehr stark auf die Glasur geachtet. Man betrachte zum Beispiel die "Gurkenglasur-Schale" von miig, und vergleicht diese mit einer einfach schwarzen Raku-Chawan. Da ist die Gurkenglasur erst mal interessanter.


Wenn nun aber der Töpfer sagt, dass er für die Gurkenglasur-Schale eine Stunde, und für die Raku-Schale einen Tag gebraucht hat wird es vielleicht deutlich, das "opulenteres" Aussehen, nicht gleichzeitig auch bedeuten muss, dass es handwerklich betrachtet das "bessere" Stück ist.



Meine Chawan zum Beispiel gefällt mir von all meinen Stücken mit Abstand am Besten, obwohl andere viel interessanter wirken.  ^_^


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  • 7 months later...

 post-621-0-89611500-1426343996_thumb.png Die Veränderungen eine Raku Chawan beim Abkühlen nach der Entnahme aus dem Brennofen hat mich sehr beeindruckt. Der gesamte Beitrag dauert so ca. 40 Minuten. Natürlich ist der gesamte Beitrag interessant. Das was ich meine beginnt so bei Minute 31.



>https://www.youtube.com/watch?v=0vxz2YNDSlc&t=1943


 


 


 


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